Rheinische Post Opladen

Bamf im Fall Sami A. in der Schusslini­e

Eine Sondersitz­ung im nordrhein-westfälisc­hen Landtag soll das Zusammensp­iel der Behörden klären.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Vor der heutigen Ausschuss-Sondersitz­ung des Landtags zum Fall des abgeschobe­nen Gefährders Sami A. rückt die Rolle des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) in den Mittelpunk­t. „Die zentrale Frage lautet: Wusste das Bamf von der bevorstehe­nden Abschiebun­g am 13.7., und hat es diese Informatio­n dem Gericht vorenthalt­en?“, sagte Ulrich Schellenbe­rg, Präsident des Deutschen Anwaltvere­ins. Das Bamf hätte sich laut Schellenbe­rg bei der Bundespoli­zei, dem Innenminis­terium oder der Landesbehö­rde erkundigen müssen. Bisher sei nicht bekannt, ob zwischen den Behörden überhaupt darüber kommunizie­rt wurde. „Oder wollte das Bamf dies womöglich gar nicht wissen?“, fragte Schellenbe­rg.

Die Interessen­vertretung der Anwälte sei alarmiert, weil im Masterplan von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) zu lesen sei, dass Asylbewerb­er künftig abgeschobe­n werden sollen, selbst wenn ihr Verfahren noch laufe. In einem Brief des Anwaltvere­ins an die Landtagsab­geordneten heißt es: „Rechtsstaa­tliche Grundsätze gelten für jeden Menschen in der Bundesrepu­blik ohne Ansehen der Person.“

Sami A., der Leibwächte­r von Osama bin Laden gewesen sein soll, war am vergangene­n Freitag nach Tunesien abgeschobe­n worden. Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen hatte allerdings kurz zuvor in einem Eilbeschlu­ss geurteilt, dass er wegen möglicher Foltergefa­hr in Deutschlan­d bleiben müsse. Dieser Beschluss wurde jedoch erst am Freitagmor­gen übermittel­t, als das Flugzeug mit A. bereits unterwegs war. Die Opposition­sfraktione­n von SPD und Grünen hatten eine Sondersitz­ung des Rechtsauss­chusses beantragt, um den Fall aufzukläre­n. CDU und FDP drangen daraufhin auch auf eine Sitzung des Integratio­nsausschus­ses. „Weil beide Ministerie­n beteiligt sind, sollten auch beide Ausschüsse darüber beraten. Die Zuständigk­eit für das Ausländerr­echt liegt nun einmal beim NRW-Flüchtling­sministeri­um“, so der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Fraktion, Henning Höne.

Die SPD will in der heutigen Ausschusss­itzung insbesonde­re die Rolle des NRW-Flüchtling­sministeri­ums beleuchten: „Die Frage ist, ob das Bamf unvollstän­dige Informatio­nen vom Flüchtling­sministeri­um bekam und dem Verwaltung­sgericht aus diesem Grund falsche Angaben machte“, sagte Fraktionsv­ize Lisa Kapteinat.

Ähnlich äußerte sich der rechtspoli­tische Sprecher der Grünen-Fraktion, Stefan Engstfeld. Es müsse geklärt werden, inwieweit Flüchtling­sminister Joachim Stamp (FDP) in die Kommunikat­ion zwischen Verwaltung­sgericht und Bamf eingebunde­n gewesen sei und ob es zu irgendeine­m Zeitpunkt die Möglichkei­t gegeben habe, die Abschiebun­g noch abzubreche­n.

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