Rheinische Post Opladen

Prügelnder Bodyguard bringt Macron in Bedrängnis

Alexandre Benalla griff einen Demonstran­ten an, erst nach Monaten wurde er entlassen. Die Affäre offenbart massive Probleme bei Macrons engsten Vertrauten.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Egal ob beim Skiurlaub oder auf der Landwirtsc­haftsmesse: Neben Emmanuel Macron ist stets ein dunkelhaar­iger Mann mit Bart zu sehen. Der 26-Jährige sollte als Sicherheit­sbeauftrag­ter des französisc­hen Präsidente­n eigentlich im Hintergrun­d bleiben. Doch Alexandre Benalla wurde am Mittwoch mit einem Schlag bekannt, als die Zeitung „Le Monde“ein Video veröffentl­ichte, auf dem der junge Mann mit Polizeihel­m zu sehen ist, wie er am 1.Mai auf einen am Boden liegenden Demonstran­ten einprügelt.

Benalla hatte nach Angaben des Präsidente­nbüros darum gebeten, in Paris als Beobachter das Vorgehen der Polizei zu verfolgen. Um dann seine Kompetenze­n auf brutale Weise zu überschrei­ten. Der Skandal, der Macron nun so zusetzt wie kein anderes Ereignis im vergangene­n Jahr, liegt nicht nur im Verhalten Benallas. Schwerer wiegt, wie der Präsident mit dem Fall umgeht.

Die erste Reaktion des Elysée fiel nämlich erschrecke­nd zahm aus. Benalla wurde auf Anweisung von Macrons Bürochef Patrick Strzoda im Mai für zwei Wochen vom Dienst suspendier­t und in eine andere Abteilung versetzt. Die Justiz schaltete Strzoda nicht ein. Nach seiner Rückkehr konnte Benalla deshalb bei der Feier des Nationalfe­iertags am 14. Juli dabei sein. Am Montag erlebte er dann sogar noch eine Sternstund­e, als er im Bus der französisc­hen Fußball-Nationalma­nnschaft die Champs-Elysées entlangfuh­r.

Erst nach den Enthüllung­en kam es zu Vorermittl­ungen gegen den früheren Sicherheit­schef von Macrons Wahlkampf, der am Freitag in Polizeigew­ahrsam genommen wurde. Er hatte nicht nur den Polizisten gespielt, sondern sich auch die Aufzeichnu­ngen vom 1. Mai besorgt, um den Skandal zu vertuschen. Das machte seine Entlassung aus dem Elysée unvermeidl­ich.

Mit Benallas spätem Abgang ist Macron den Skandal aber nicht los. Im Gegenteil: Die Prügelatta­cke zeigt massive Schwächen bei seinen engsten Mitarbeite­rn. In der Kritik steht neben Strzoda auch der Sprecher des Präsidente­n, Bruno Roger-Petit. Den hatte Macron am Donnerstag vorgeschic­kt, um per Videostate­ment zu erklären, dass Benallas Tat nicht hinnehmbar sei. Deshalb habe er die schwerste Strafe erhalten, die je gegen einen Beauftragt­en im Präsidente­npalast verhängt worden sei.

Seine Aussage wurde schnell als falsch entlarvt. Denn die Franzosen erinnern sich noch gut an Aquilino Morelle, den politische­n Berater von Präsident François Hollande, der im April 2014 innerhalb von 48 Stunden zum Rücktritt gezwungen wurde. Und das nicht nur, weil ihm ein Interessen­skonflikt mit der Pharmaindu­strie vorgeworfe­n wurde, sondern auch, weil er sich seine handgearbe­iteten Schuhe in einem extra eingericht­eten Raum des Elysée-Palasts pflegen ließ.

Für Macron, der mit dem Anspruch angetreten war, mehr Moral in die Politik zu bringen, ist Benalla ein großes Problem. Der Präsident äußerte sich bisher nicht zu dem Vorfall, der ihn nach dem WM-Titelgewin­n schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbrin­gt. Besonders ungemütlic­h könnte für ihn ein Untersuchu­ngsausschu­ss der Nationalve­rsammlung werden, der die Ereignisse schnell klären soll.

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