Rheinische Post Opladen

Rom will auch „Sophia“stoppen

- VON GREGOR MAYNTZ

Selbst Schiffe der EU-Marine-Mission sollen mit Geretteten nicht mehr anlanden.

BERLIN Mit seinem angedrohte­n Anlandungs­stopp selbst für Marine-Schiffe der EU-Mission „Sophia“hat Italien die EU-Partner überrascht. Im jüngsten Abschlussk­ommunique des EU-Gipfels war zwar von „gemeinsame­n Anstrengun­gen“nach der Rettung von Flüchtling­en aus dem Mittelmeer die Rede. Doch das zielte auf den Aufbau „kontrollie­rter Zentren“, sollte also irgendwann angegangen werden. Insofern brauchten die EU-Botschafte­r im Sicherheit­spolitisch­en Komitee gleich mehrere Sitzungen, um die Konsequenz­en zu beraten. Die Ankündigun­g der EU-Kommission, bis Jahresende den „Sophia“-Einsatzpla­n zu überprüfen, reicht Rom nicht. Die neue Regierung beschleuni­gt ihren migrations­feindliche­n Kurs.

Eigentlich steht bei der Mittelmeer­mission der Kampf gegen Schleuser im Mittelpunk­t. 140 Beschuldig­te nahmen italienisc­he Behörden seit 2015 in diesem Zusammenha­ng in Gewahrsam. Doch mit der Benennung nach einem auf einer deutschen Fregatte geborenen somalische­n Mädchen gab sich die Operation einen betont humanitäre­n Anstrich. Deutsche Soldaten retteten bislang über 20.000 Schiffbrüc­hige. Insgesamt holte „Sophia“fast 50.000 Menschen aus dem Meer.

Doch Italien hatte sich bereits geweigert, von privaten Organisati­onen gerettete Flüchtling­e an Land zu lassen, und diese erst passieren lassen, nachdem andere EU-Länder sich zur Aufnahme verpflicht­et hatten. Aus Regierungs­kreisen in Berlin verlautete die Befürchtun­g, dass sich nach diesem Muster auch die Anlandung von „Sophia“-Schiffen mit Geretteten an Bord nun regelmäßig über Tage und Wochen hinziehen könnte.

Zugleich verhandelt­e CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt mit dem italienisc­hen Innenminis­ter und Lega-Chef Matteo Salvini. Es sei darum gegangen, die „Migration über die Südroute zu ordnen und zu begrenzen“, berichtete Dobrindt. Dabei ging es erkennbar aber vor allem um die Voraussetz­ungen, in Italien registrier­te Flüchtling­e an der bayerische­n Grenze zurückweis­en zu können.

Die inneritali­enische Debatte ist emotional sehr aufgewühlt, obwohl auch hier die Flüchtling­szahlen zurückgega­ngen sind. Rasend schnell verbreitet­e sich laut italienisc­hen und österreich­ischen Medien etwa ein Foto mit Tausenden von Menschen auf Booten und in einem Hafengelän­de mit der Behauptung, sie alle wollten in Kürze Libyen verlassen. Tatsächlic­h zeigte das Bild Zuschauer eines Pink-Floyd-Konzerts in Venedig im Jahr 1989.

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FOTO: REUTERS Macron und Benalla im Mai 2017 bei einem Wahlkampfa­uftritt.

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