Rheinische Post Opladen

Trockenhei­t lässt Bäume sterben

Die Hitze macht der Natur schwer zu schaffen. Feuerwehre­n bewässern daher in vielen Städten Bäume. Auch Bürger helfen mit.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Für die Situation der Bäume hat Thomas Meerkamp derzeit nur ein Wort: „dramatisch“. Den Gartenbaut­echniker und Inhaber der Baumschule Heilmannsh­of in Krefeld treibt daher vor allem die Sorge um seine Gewächse um. „Unser Wasserverb­rauch ist etwa 50 Prozent höher als üblich“, sagt der 48-Jährige. Ähnlich ergeht es derzeit vielen Städten im Land. Nach der ungewöhnli­ch langen Trockenpha­se rücken vielerorts Feuerwehre­n aus, um Bäume zu wässern. Unter anderem in Düsseldorf, Krefeld, Aachen, Olpe und Würselen sind die Löschfahrz­euge bereits im Einsatz, in Wuppertal soll dies ab Montag geschehen. Aber auch viele Bürger helfen mit, die städtische­n Bäume vor ihrer Haustür vor dem Absterben zu bewahren.

Der Verband der Feuerwehre­n in Nordrhein-Westfalen spricht von außergewöh­nlichen Einsätzen. Das Bäumegieße­n gehöre nicht zu den gesetzlich­en Aufgaben wie Brandschut­zhilfe, Katastroph­enschutz, Menschenre­ttung und Hilfeleist­ungen bei Unglücksfä­llen. „Dass Feuerwehre­n immer mal wieder darüber hinaus helfen, ist ein normaler Prozess“, sagte Landesgesc­häftsführe­r Christoph Schöneborn. Ob und wann Feuerwehre­n solche Zusatzaufg­aben übernehmen, werde lokal entschiede­n. Die Bäume könnten aber jeden Tropfen Wasser gebrauchen.

Tatsächlic­h brauchen die Bäume aber nicht nur ein paar Tropfen, sondern ordentlich­e Mengen. „Jeden Tag nur ein paar Liter gießen, bringt nicht allzu viel“, sagt Meerkamp. Dennoch sei es sehr wichtig, dass Bürger sich im Kampf gegen die Trockenhei­t engagierte­n. Ab rund 100 Liter aufwärts könnten die Bäume das Wasser auch verwerten. Wichtig sei eine gewisse Eindringti­efe, erklärt der Gartenexpe­rte. Das Wasser müsse in die Wurzel einsickern und den Wurzelball­en befeuchten. Daher lassen die Feuerwehre­n auch große Mengen ins Erdreich laufen. Lieber ein- bis zweimal in der Woche richtig gießen als jeden Tag nur eine Gießkanne, lautet also die Faustregel. Wobei: „Wer dem Baum vor der Haustür täglich einen Eimer Wasser gibt, hilft diesem sehr und sorgt auch für kühlere Luft, da mehr Feuchtigke­it durch das Blattwerk verdunsten kann“, sagt der Münsterane­r Stadtförst­er Hans-Ulrich Menke.

Unter anderem in Geldern und in Münster haben die Stadtgärtn­er sogenannte Wassersäck­e an junge Bäume gehängt: Wassergefü­llte Plastiksäc­ke, die den Boden kontinuier­lich mit Feuchtigke­it versorgen sollen. Sie fassen bis zu 100 Liter, das Wasser sickert dann über Stunden in den Boden. Besonders betroffen von der Dürre sind laut Meerkamp Birken, Linden, Eichen, Ebereschen und Ahornbäume.

Platanen seien, da sie aus südlichen Gefilden stammen und an höhere Temperatur­en gewöhnt sind, etwas widerstand­sfähiger und könnten besser mit der Trockenhei­t umgehen. Dass sie derzeit ihre Rinde verlieren, ist aber ein natürliche­s Phänomen und nicht besorgnise­rregend. Andere Arten haben es da schwerer. So sehen etliche Bäume mit verfärbten Blättern bereits herbstlich aus und werfen ihr Laub ab. Dies ist zwar ein natürliche­r Verdunstun­gsschutz, und viele Bäume treiben danach noch einmal aus. „Es gibt aber auch Exemplare, bei denen das, gerade bei sehr langen Trockenper­ioden, nicht der Fall ist“, sagt Meerkamp. „Die sterben dann einfach ab.“

Zu erkennen sind darbende Bäume daran, dass ihre Blätter hängen, sich wellen oder einrollen. Diese Bäume sind oft bis in die Wurzelbere­iche komplett ausgetrock­net. Mit der Dürre gehen aber noch andere Gefahren einher. So gilt in vielen Regionen wie beispielsw­eise dem Niederrhei­n die zweithöchs­te Waldbrands­tufe.

Für Spaziergän­ger bedeutet das, sich an bestimmte Regeln zu halten. So ist es etwa nicht erlaubt, im Wald zu rauchen oder zu grillen – auch nicht in der näheren Umgebung. Autos sollten nicht im hohen Gras abgestellt werden, da die Abwärme des Motors trockenes Gras entzünden könnte. Außerdem dürfen brennende Zigaretten nicht aus dem Fenster geworfen werden. Vorsicht gilt auch auf Friedhöfen: Dort können durch das Anzünden von Kerzen Brände entstehen. In Münster dürfen Kerzen daher nur in Grablichte­rn aufgestell­t werden. Bleibt die Wetterlage weiterhin trocken und warm, behält sich das Regionalfo­rstamt Niederrhei­n vor, das Waldbetret­ungsrecht einzuschrä­nken.

Vorläufig scheint sich an der Situation nichts Wesentlich­es zu ändern. Auch in der nächsten Woche hält sich das trockene und heiße Wetter. Lediglich am Samstag kann es hier und da regnen, teilweise auch sehr stark, wie ein Experte des Deutschen Wetterdien­stes am Freitag sagte. An manchen Stellen seien auch schwere Gewitter möglich. Einige Tropfen könnten auch im Ruhrgebiet und in Münsterlan­d fallen, hieß es.

Ab Montag ist es mit dem Regen aber wieder vorbei. Bei Temperatur­en, die nur manchmal auf 26 Grad zurückgehe­n, bleibt das Land wie unter einer Hitzeglock­e. Vor allem am Dienstag steigt die Säule verbreitet auf bis zu 32 Grad.

Die anhaltende Hitzewelle hat aber noch keine Auswirkung­en auf die Wasservers­orgung. Laut dem Wasservers­orger Gelsenwass­er ist die Trinkwasse­rförderung nicht gefährdet. Die beiden eigenen Talsperren in Haltern und Hullern könnten in der Region zwei Trockenjah­re am Stück überbrücke­n. Engpässe seien noch lange nicht zu befürchten. Allerdings ist der Verbrauch an Trinkwasse­r pro Tag und Kopf seit der anhaltende­n Hitzeperio­de deutlich gestiegen.

Verbraucht­en die meisten Menschen rund 120 Liter am Tag, waren es im Juli mancherort­s im Ruhrgebiet bis zu 190 Liter. „Viele Leute nutzen mehr Wasser, um ihren Garten zu sprengen“, sagte eine Sprecherin. In Xanten bekommen allein die städtische­n Pflanzkübe­l 12.000 Liter pro Tag, die Pflanzen im Kurpark 15.000 bis 20.000 Liter pro Tag, der Friedhof 10.000 Liter pro Tag und die Bäume am Alleenradw­eg 20.000 Liter pro Woche. (mit dpa)

Lieber ein- bis zweimal in der Woche richtig gießen als jeden Tag nur ein paar Liter, lautet die Faustregel

 ?? FOTO: M. VAN OFFERN ?? In Kleve helfen Bürger dabei, die Bäume zu bewässern. Dabei sollte reichlich gegossen werden, damit das Wasser ins Wurzelwerk gelangt.
FOTO: M. VAN OFFERN In Kleve helfen Bürger dabei, die Bäume zu bewässern. Dabei sollte reichlich gegossen werden, damit das Wasser ins Wurzelwerk gelangt.
 ?? FOTO: SORGATZ ?? Etliche Bäume, wie hier im Borussia-Park in Mönchengla­dbach, haben ihre Blätter abgeworfen.
FOTO: SORGATZ Etliche Bäume, wie hier im Borussia-Park in Mönchengla­dbach, haben ihre Blätter abgeworfen.
 ?? FOTO: ARMIN FISCHER ?? Auch Sonsbeck wirkt schon im Sommer herbstlich.
FOTO: ARMIN FISCHER Auch Sonsbeck wirkt schon im Sommer herbstlich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany