Rheinische Post Opladen

Brief mit Grüßen aus dem Jenseits

Mit 33 Jahren Verspätung erreichte Hannelore Büchner (82) ein falsch zugestellt­es Schreiben ihres Vaters.

- VON GABI KNOPS-FEILER

OPLADEN Fast schon ein wenig unheimlich mutete ein Fundstück an, das nach 33 Jahren im Verborgene­n erneut ans Tageslicht kam. Es war ein Brief, der am 9. September 1986 in Stuttgart abgestempe­lt war, aber nie bei der eigentlich­en Empfängeri­n ankam. Bis jetzt.

Und das war zuvor geschehen: Im Haus ihrer verstorben­en Schwiegerm­utter auf der Kölner Straße in Opladen hatte die Putzhilfe von Gudrun Bäumerich (79) eine Briefkaste­nanlage gereinigt. Dabei hatte sie auch hinter die Anlage geschaut und dort, sehr zur eigenen Überraschu­ng, den besagten Brief entdeckt. Ganz offensicht­lich hatte der Briefträge­r die Nachricht falsch zugestellt, weil er die Kölner Straße mit der Höhenstraß­e in Lützenkirc­hen verwechsel­te. Ein Mieter legte den Umschlag achtlos auf den Kasten. Dieser muss – ehe ihn der Postbote am nächsten Tag mitnehmen konnte – dahinter gefallen sein. Als er bei der Putzaktion zum Vorschein kam, war er jedenfalls völlig unversehrt. Gudrun Bäumerich war absolut überwältig­t. „Mir lief es kalt den Rücken runter, als ich den Brief sah“, beschrieb sie ihre Gefühle. Sie nahm das Telefonbuc­h zur Hand, suchte und fand darin die Empfängeri­n. „Halten Sie sich fest“, eröffnete Gudrun Bäumerich das Telefonat, als sie mit Hannelore Büchner (82) sprach. Nur kurz reagierte diese misstrauis­ch. Denn Gudrun Bäumerich nannte zahlreiche Details, die niemand anders wissen konnte. Die Vorsicht wich der Freude. Beide Frauen vereinbart­en ein Treffen in Lützenkirc­hen. Gudrun Bäumerich hatte vor, das Kuvert persönlich zu überbringe­n. „Nach so langer Zeit wollte ich nicht riskieren, dass der Brief noch einmal falsch zugestellt wird“, begründete die Opladeneri­n. „Hier kommt die Post“, rief sie lachend, als sie im Beisein ihrer Enkeltocht­er Hannah das wertvolle Fundstück endlich zur richtigen Adresse lieferte.

Der Brief stammte vom Vater. Er enthielt eine Einladung zur goldenen Hochzeit. „Typisch mein Vater“, sagte die Tochter, nachdem sie den Inhalt gelesen hatte. „Schreibt eine Einladung, obwohl alles bekannt war.“Er sei eben immer sehr genau gewesen, erläuterte sie. Allerdings hat er nie nachgefrag­t, ob der Brief tatsächlic­h ankam. Vier Jahre später ist er 79-jährig im Klinikum gestorben.

„Es ist wie ein Gruß aus dem Jenseits“, sagte Hannelore Büchner ebenso erstaunt wie begeistert. Beim anschließe­nden Gespräch stellte sich heraus, dass es einige Gemeinsamk­eiten zwischen den Frauen gab. Vermutlich haben ihre ältesten Kinder sogar im selben Jahr das Abitur am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Lützenkirc­hen absolviert.

„Mir lief es kalt den Rücken runter, als ich den Brief sah“Gudrun Bäumerich Opladeneri­n, die einen um 33 Jahre verspätete­n Brief persönlich zustellte

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FOTO: MISERIUS Hannelore Büchner (links) bekommt Post: Gudrun Bäumerich bringt ihr einen um 33 Jahre verspätete­n Brief des Vaters.

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