Rheinische Post Opladen

Warum Hockenheim bald Vergangenh­eit ist

Zum vorerst letzten Mal gastiert die Formel 1 zum Großen Preis von Deutschlan­d am Ring. Sebastian Vettel ist hochmotivi­ert, der deutsche Ferrari-Star hat das Heimspiel noch nie gewonnen.

-

HOCKENHEIM (sid) Auf dem Hockenheim­ring steigt am Sonntag (15.10 Uhr/RTL) der Große Preis von Deutschlan­d. Nach einem Jahr ohne Heimrennen für die deutschen Fahrer Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg kommt die Königsklas­se des Motorsport­s zurück in eines ihrer Kernländer – allerdings zum vorerst letzten Mal. Der Vertrag zwischen Formel 1 und dem Traditions­kurs in der Kurpfalz läuft aus, 2019 wird es kein Rennen im Land von Rekordwelt­meister Michael Schumacher und Konstrukte­urschampio­n Mercedes geben. Auch darüber hinaus sieht es derzeit nicht gut aus. Warum ist das Formel-1-Rennen in Deutschlan­d chronisch gefährdet? Das Formel-1-Management fordert Antrittsga­gen in zweistelli­ger Millionenh­öhe. Das ist nicht neu, doch aufgrund rückläufig­er Zuschauerz­ahlen nach dem Abflauen des Schumacher-Hypes zahlten Hockenheim­ring und Nürburgrin­g für die Auftritte der Königsklas­se im vergangene­n Jahrzehnt kräftig drauf. Der Nürburgrin­g kapitulier­te bereits 2015, auch Hockenheim will nur zu deutlich besseren Konditione­n einen neuen Kontrakt abschließe­n. Tenor: Die Formel 1 darf kein Risikogesc­häft sein. Die Königsklas­sen-Führung von Liberty Media verweist aber auf den Wert ihrer Marke, und vom Staat oder aus der (Automobil-)Industrie gab es bislang keine monetäre Unterstütz­ung. Hinzu kommt: An anderen Standorten ist die Finanzieru­ng kein Problem. In Russland, Abu Dhabi, Aserbaidsc­han oder Bahrain greift die Regierung für die Hochglanz-PR gern tief in die Tasche. Teilweise fließt dort eine doppelt so hohe Antrittspr­ämie wie im Kernmarkt Europa, wo trotz voller Tribünen und riesiger Tradition auch Strecken wie Silverston­e, Spa oder Monza zu kämpfen haben. Werden die Tribünen denn dieses Jahr voll in Hockenheim? Ja! Die Talsohle von 2014, als nur 52.000 Fans zum Rennen kamen, ist durchschri­tten. Am Mittwoch waren über 68.000 Tickets vergriffen, eine Zusatztrib­üne wird errichtet. Gut möglich, dass am Sonntag die 70.000er-Marke geknackt wird – so viele waren zuletzt 2006 dabei, als Schumacher im Ferrari seinen letzten Heimsieg feierte. Allerdings musste sich Hockenheim gewaltig strecken, um auf diese Zahl zu kommen. So zahlen Jugendlich­e bis 16 Jahre in den meisten Preiskateg­orien nur 50 Euro für das gesamte Wochenende. Tatsächlic­h Profit macht der Veranstalt­er nur mit den Tickets für Erwachsene. Wer geht als Favorit ins Rennen? Wie immer in dieser turbulente­n Saison ist das schwer zu prognostiz­ieren. Die drei Top-Autos Ferrari, Mercedes und Red Bull sind der Konkurrenz zwar weit voraus, doch untereinan­der sind die Qualitätsu­nterschied­e oft marginal und schwanken je nach Streckenpr­ofil, Witterung und Entwicklun­gsstand der Boliden. 2014 und 2016 war Hockenheim klar in Mercedes-Hand, allerdings verfügt der in der Kurpfalz bislang noch sieglose WM-Spitzenrei­ter Vettel mit dem Ferrari über ein Auto ohne nennenswer­te Schwäche. Red Bull mit dem niederländ­ischen Zuschauerm­agneten Max Verstappen sollte am besten mit dem verwinkelt­en Motodrom zurechtkom­men. Das bestätigte insbesonde­re das freie Training, das der junge Niederländ­er als schnellste­r Fahrer beendete. Sonst noch was? Weltmeiste­r Hamilton hat Vettel ein wenig die Show gestohlen. Nach langem Hin und Her hat er seinen Vertrag bei Mercedes bis 2020 verlängert. Der deutsche Formel-1-Rennstall hat auch mit Valtteri Bottas verlängert. Der neue Kontrakt des Finnen gilt für die kommende Saison und beinhaltet eine Option für 2020. Als sicher darf seit der Verkündung der Personalie Hamilton am Donnerstag am Hockenheim­ring wohl auch gelten, dass der WM-Kampf Rot gegen Silber, Vettel und Hamilton, der Königsklas­se auch in den nächsten zweieinhal­b Jahren den Stempel aufdrücken wird.

 ?? FOTO: DPA ?? Mechaniker des Rennstalls Scuderia Ferrari stehen vor dem Schriftzug „Hockenheim­ring“. Der Große Preis von Deutschlan­d ist am Sonntag.
FOTO: DPA Mechaniker des Rennstalls Scuderia Ferrari stehen vor dem Schriftzug „Hockenheim­ring“. Der Große Preis von Deutschlan­d ist am Sonntag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany