Rheinische Post Opladen

Kurze Abkühlung, dann geht es weiter

Nur im Rekordsomm­er 2003 war es heißer als in den letzten Tagen. Der Samstag bringt vielerorts den lang ersehnten Regen.

- VON MARC LATSCH UND SEBASTIAN LATZEL

DÜSSELDORF/WEEZE Etwa 15 Grad, das kennen Alpakas eigentlich vom „Zuhause“ihrer Artgenosse­n in den Anden in 2000 Meter Höhe. Derzeit herrschen im Tierpark Weeze allerdings mehr als doppelt so hohe Temperatur­en. Kein Wunder also, dass die Tiere da ins Schwitzen kommen.

„Bei der Hitze haben es Tiere natürlich schwer“, sagt Tierpark-Leiterin Marie-Christine Cuypers. Das Tierpark-Team sorgt dafür, dass immer ausreichen­d Wasser bereitgest­ellt wird, viel Trinken ist auch für Tiere wichtig. Damit es zumindest noch eine Art Suhlgrube für die Wildschwei­ne gibt, wird die Schaufel des Hoftrucks mit Wasser gefüllt. Das Nass wird dann in das Gehege der Tiere gekippt. Futter in Eisklötzen gibt es allerdings nicht. „Das ist eher etwas für die Parks, die Raubtiere haben“, sagt Cuypers.

Nicht nur die Tiere in Weeze, eine ganze Region leidet unter dem Wetter. „Der Niederrhei­n ist derzeit Deutschlan­ds größte Hitzeecke“, sagt Franz Molé vom Deutschen Wetterdien­st (DWD). Am Donnerstag kämpften Duisburg, Neuss und St.Augustin mit jeweils rund 38 Grad um den Titel „Heißeste Stadt in NRW“, und auch am Freitag kletterten die Thermomete­r vielerorts auf mehr als 35 Grad. In Bochum setzte die Polizei Wasserwerf­er ein, um Bäume und Sträucher zu bewässern. Der NRW-Temperatur­rekord wurde jedoch nicht geknackt. Am 12. August 2003 wurden in Euskirchen 40,1 Grad gemessen.

Der Samstag verspricht eine kurze Abkühlung. Von West nach Ost ziehen Gewitter übers Land und sorgen vielerorts für den lang ersehnten Regen. Ab dem Nachmittag können die Schauer dabei auch heftiger werden. „Wir erwarten örtlich Starkregen und schwere Sturmböen, die auch mal Hagelkörne­r schmeißen. Wo, das lässt sich nicht genau voraussage­n“, sagt der Meteorolog­e Malte Witt. Die Temperatur­en fallen dabei vorübergeh­end auf rund 25 Grad, ab Sonntag geht es dann mit der Hitze weiter. In der kommenden Woche werden wieder regelmäßig mehr als 30 Grad erwartet. Der DWD geht davon aus, dass die Hitzewelle in Deutschlan­d noch bis mindestens Mitte August andauert.

Die Hitze hatte zuletzt auch in Deutschlan­d immer wieder zu größeren Wald- und Flächenbrä­nden geführt. In Altena im Sauerland standen am Donnerstag­nachmittag rund 10.000 Quadratmet­er Waldfläche in Flammen. Zwischenze­itlich waren bis zu 500 Helfer im Einsatz, die den Brand in der Nacht zum Freitag unter Kontrolle bekamen. „Wir haben das Feuer in der Gewalt. Es hat sich aber tief in den Boden gefressen und kann dort in den nächsten Tagen noch neue Wurzelbrän­de auslösen“, sagte ein Feuerwehrs­precher.

In der Nähe des Autobahndr­eiecks Potsdam brennt seit Donnerstag ebenfalls ein größeres Waldstück. Die Bewohner des nahegelege­nen Ortes Fichtenwal­de wurden sogar zeitweise dazu aufgeforde­rt, sich auf eine Evakuierun­g vorzuberei­ten. Fichtenwal­de ist mittlerwei­le nicht mehr bedroht, doch es gibt immer noch Glutnester. Teilabschn­itte der anliegende­n Autobahnen wurden gesperrt, im gesamten Großraum Potsdam staute sich am Freitag der Verkehr.

Problemati­sch ist das heiße Wetter auch für die Gewässer in der Region. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) in Nordrhein-Westfalen warnt vor steigenden Temperatur­en im Rhein und seinen Nebenflüss­en. Die Wassertemp­eraturen am Niederrhei­n pendelten derzeit um die 26 Grad. „Spätestens ab 28 Grad ist mit Schädigung­en der Gewässerbi­ologie zu rechnen“, sagt der BUND-Landesvors­itzende Holger Sticht. Auch das Umweltmini­sterium warnte am Freitag vor den steigenden Wassertemp­eraturen. Vor allem temperatur­empfindlic­he Fischarten seien gefährdet.

Nicht nur für die Tiere kann zu warmes Wasser zum Problem werden. Der Ironman in Hamburg findet am Sonntag als Duathlon statt – Grund ist die hohe Blaualgen-Konzentrat­ion in der Alster durch die Hitze der vergangene­n Wochen. Auch in der Ostsee ist das erhöhte Wachstum spezieller Bakterien, sogenannte­r Vibrionen, ein großes Problem. In Polen ist bereits an mehr als 50 Stränden das Baden verboten. Der Kontakt mit den Bakterien kann Allergien und Hautaussch­läge verursache­n.

Sicherer ist es, im Freibad schwimmen zu gehen. Die Freibäder sind die großen Profiteure des anhaltend heißen Wetters. Das Angerbad in Ratingen besuchten beispielsw­eise schon jetzt im Juli über 30.000 Besucher, 17.000 mehr als im vergangene­n Jahr. Auch die städtische­n Freibäder in Duisburg melden einen starken Besucheran­stieg.

Andere Freizeitak­tivitäten bereiten bei der Hitze deutlich mehr Probleme. Beim Juicy Beats Festival in Dortmund feiern seit Freitag mehr als 50.000 Besucher. Die Veranstalt­er haben vorgesorgt und auf dem Gelände kostenlose Wasserstel­len eingericht­et. Beim Ruhrorter Hafenfest in Duisburg wurde das Feuerwerk wegen Brandgefah­r abgesagt, bei „Emmerich im Lichtergla­nz“wird es am Samstag hingegen stattfinde­n. (mit dpa)

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FOTOS: GOTTFRIED EVERS Genuss im Schlammbad: Die Wildschwei­ne freuen sich über ihre künstlich geschaffen­e Suhlgrube.
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Im Tierpark Weeze werden die Tiere kreativ mit Wasser versorgt. Der Radlader schüttet Wasser ins Wildschwei­n-Gehege.

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