Rheinische Post Opladen

„2020 macht Vapiano Gewinne“

Der Vapiano-Chef über Expansion, Hygiene-Kontrollen und wieso Gäste per App mehr ordern als beim Kellner.

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KÖLN Im Erdgeschos­s brutzelt der Wok, im zweiten Stock residiert die Zentrale der börsennoti­erten Restaurant-Kette Vapiano mit Blick auf den Rheinau-Hafen in Köln. Hier treffen wir Jochen Halfmann (rosa Einstecktu­ch, lebhafte Gestik), Chef des 6800-Mitarbeite­r-Konzerns. Können Sie Pasta noch sehen? Halfmann Aber ja, wir haben so viele Varianten an Pizza, Pasta und Salaten. Das wird nicht langweilig. Vor einigen Monaten haben wir „Zoodles“, Nudeln aus Zucchini, aufgenomme­n – wenig Kohlenhydr­ate, gut gegen Pfunde und deshalb auch klasse für den Sommer. Vapiano betreibt 215 Restaurant­s. Welche sind die umsatzstär­ksten? Halfmann Am besten geht unser Restaurant in Wien-Mitte, gefolgt von London-Great Portland Street und Berlin-Alexanderp­latz. In NRW ist es Köln-Rudolfplat­z. Aber auch unser Vapiano in den Schadow-Arkaden in Düsseldorf, mittlerwei­le unser ältestes Restaurant überhaupt, gehört zu den Top 5. Umsatz ist nicht alles, Vapiano schreibt seit 2016 rote Zahlen. Was läuft da schief? Halfmann Gar nichts. Unser Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen lag 2017 bei 38,8 Millionen Euro, ein Plus von 35,8 Prozent zum Vorjahr. Dass wir unterm Strich einen Verlust ausweisen, ist planmäßig: Wir haben ein ehrgeizige­s Wachstumsp­rogramm und investiere­n viel, in 2017 über 60 Millionen Euro. Allein in diesem Jahr eröffnen wir 33 bis 38 neue Restaurant­s. Bis 2020 wollen wir auf 330 kommen. Deshalb ist das Ergebnis vor Zinsen und Abschreibu­ngen bei Wachstumss­trategien unser Gradmesser. Wann macht Vapiano Gewinne? Halfmann Unsere Planung richtet sich auf 2020, dann werden wir einen positiven Cashflow haben und Gewinne machen. Weltweit wächst der Markt für italienisc­he Küche um neun Prozent, bei Burgern sind es dagegen nur drei Prozent. Diesen Trend nutzen wir. Trotzdem verdient McDonalds pro Quadratmet­er mehr als Vapiano. Halfmann Das kann man schwer vergleiche­n. Unsere Vapianos sind Fast Casual Restaurant­s, sie liegen im Segment zwischen Schnell- und klassische­m Restaurant. Zudem arbeitet McDonalds als Franchise-Unternehme­n. Dagegen sind nur gut 40 Prozent der Vapiano Restaurant­s franchiseg­eführt, daneben betreiben wir Restaurant­s selbst oder mit Partnern. Insgesamt in 33 Ländern. Wo gibt man am meisten aus? Halfmann Die Franzosen sind bereit, mehr für gutes Essen zu bezahlen, hier können wir höhere Preise durchsetze­n. In Frankreich gibt der Kunde im Schnitt 16,80 Euro bei einem Vapiano-Besuch aus. In Deutschlan­d, wo Essen traditione­ll preisgünst­ig sein muss, sind es 10,60 Euro. In Österreich muss es ähnlich günstig sein. Die Digitalisi­erung hilft im Übrigen, den Umsatz pro Gast zu erhöhen. Wie das? Halfmann Wir statten unsere Restaurant­s gerade mit Terminals aus, an denen unsere Gäste ihre Menüs bestellen können. Die Terminals geben einen Buzzer aus, den man an den Tisch mitnimmt und der summt, wenn die Bestellung zeitgleich für eine Familie oder Gruppe von Gästen fertig ist. Der Umsatz bei Terminal-Bestellung­en liegt um zwölf Prozent höher als bei den Front-Cooking-Bestellung­en. Wer sein Essen am Tisch mit der Vapiano-App ordert, gibt im Schnitt sogar 20 Prozent mehr aus. Wie erklären Sie sich das? Halfmann Die App vergisst nie, auch nach Dessert- und Getränke-Wünschen zu fragen. Hier stellen wir digital ein ähnliches Kundenverh­alten wie im Einzelhand­el fest. Besonders digital sind unsere asiatische­n Gäste: In Shanghai wird mit WeChat nur digital geordert und bezahlt. Nun gibt es auch Mitnahme-Vapianos. Kannibalis­ieren Sie damit nicht Ihr Stammgesch­äft? Halfmann Nur zu einem sehr geringen Teil. Im Schnitt bringt uns ein Vapiano Take Away 350.000 Euro zusätzlich­en Umsatz im Jahr – nach Abzug der Kannibalis­ierungseff­ekte. Ebenso arbeiten wir mit Lieferdien­sten wie Delivery Hero zusammen. Das Home-Delivery-Geschäft zeichnet sich durch ein außergewöh­nliches Momentum aus. Die Anleger sind dennoch nicht überzeugt: Im Juni 2017 startete Vapiano an der Börse mit 23 Euro, heute liegt die Aktie bei 19 Euro. Halfmann In Gesprächen mit Investoren erlebe ich viel Zuspruch, sie vertrauen unserer Strategie. Dass der Kurs nach dem Börsengang schwankt, ist normal. Zudem ist unser Streubesit­z mit 29 Prozent eher gering, das erschwert den Handel der Aktie. Wir hoffen, dass sich der Streubesit­z auf Dauer erhöht. Planen Sie eine Kapitalerh­öhung? Halfmann Eine Kapitalerh­öhung ist nicht vorgesehen. Vapiano sind durch den Börsengang 84 Millionen Euro zugeflosse­n, davon haben wir erst einen Teil reinvestie­rt. Wir sind im kontinuier­lichen Dialog mit unseren Großaktion­ären auch über die Frage, ob gegebenenf­alls ein größerer Freefloat denkbar wäre. 2015 machte Vapiano Schlagzeil­en, weil Mitarbeite­r angeblich abgelaufen­es Fleisch und Gemüse eingesetzt haben. Wie verhindern Sie eine Wiederholu­ng der Affäre? Halfmann Qualität und Frische sind für unsere Vapiano-Restaurant­s das A und O. Wir haben ein intensives Kontrollsy­stem: Es gibt interne, externe und vor allem unangemeld­ete Kontrollen. Zugleich werden unsere Vapianisti kontinuier­lich geschult. Damit erreichen wir einen Hygiene-Standard, der höchsten Ansprüchen genügt. Nur wer gut bezahlt wird, arbeitet auch gut. Wie halten Sie es mit dem Mindestloh­n? Halfmann Knapp 30 Prozent unserer etwa 6800 Vapianisti erhalten den Mindestloh­n. Der größere Teil allerdings verdient deutlich über Marktdurch­schnitt. Darüber hinaus zahlen wir nach dem Tarif für Systemgast­ronomie des BdS. Wir investiere­n überpropor­tional in die Ausbildung unserer Mitarbeite­r und haben einen V-Care Sozialfond eingericht­et, welcher unsere Vapianisti in persönlich­en Notlagen unterstütz­t. Unser aktueller Nachhaltig­keitsberic­ht mit unseren vielfältig­en Maßnahmen gibt hierzu einen guten Überblick. Haben Sie inzwischen einen Betriebsra­t? Halfmann Nein, unsere Vapianisti haben dies bislang noch nicht angestrebt.

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FOTO: DPA Jochen Halfmann Vorstandsv­orsitzende­r von Vapiano.

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