Rheinische Post Opladen

Bayers neues Juwel

Der Brasiliane­r Paulinho (18) zeigt im Trainingsl­ager: Er hat Eigenschaf­ten, die es für eine große Karriere braucht.

- VON SEBASTIAN BERGMANN

ZELL AM SEE Paulinho lacht nicht oft. Zumindest könnten Zuschauer diesen Eindruck gewinnen, sehen sie dem brasiliani­schen Zugang von Bayer Leverkusen dieser Tage beim Fußballspi­elen zu. Das liegt allerdings weniger daran, dass das von Vasco da Gama an den Rhein gewechselt­e Talent keine Frohnatur ist. Vielmehr dokumentie­rt es die Entschloss­enheit und den Ehrgeiz des 18-Jährigen, seinem neuen Coach Heiko Herrlich schon im Trainingsl­ager in Österreich zu vermitteln: Ich bin bereit für die Bundesliga.

Seit rund zwei Wochen ist Paulo Enrique Sampaio Filho, kurz Paulinho, offiziell Spieler von Bayer 04. Mit Beginn seiner Volljährig­keit unterzeich­nete das brasiliani­sche Sturmjuwel im Juli einen Vertrag unterm Bayer-Kreuz, der ihn bis 2023 an den Klub bindet. Beim Wettbieten um den Außenstürm­er soll Leverkusen rund ein Dutzend europäisch­e Spitzenklu­bs ausgestoch­en haben. 18,5 Millionen Euro überwies der Bundesligi­st an den finanziell gebeutelte­n Traditions­verein Vasco da Gama. Ein echtes Schnäppche­n im Vergleich zu ähnlich hoch gehandelte­n Talenten vom Zuckerhut. Real Madrid zahlte zuletzt allein für Rodrygo (17 Jahre/FC Santos) und Vinicius Junior (18/Flamengo Rio de Janeiro) je 45 Millionen Euro.

Für die Integratio­n des neuen Außenangre­ifers, der vor allem auf der linken Seite stürmt, kümmert sich derzeit vor allem Landsmann Wendell. Der 25-Jährige spielt bereits seit 2014 für die Werkself und ist für Paulinho älterer Bruder, Freund und Dolmetsche­r in Personalun­ion. „Wendell gibt sich unheimlich viel Mühe“, sagt Herrlich. Die Verständig­ung mit dem in Rio de Janeiro geborenen U17-Südamerika­meister, der bereits seit einigen Monaten Deutsch lernt, funktionie­re schon ganz gut. „Paulinho kennt die Schlagwört­er“, sagt Herrlich. Am vergangene­n Samstag feierte der Zugang beim 2:0-Sieg im Test bei Fortuna Sittard sein Debüt im Bayer-Trikot. Nicht nur Herrlich („Er hat direkt gezeigt, warum wir ihn geholt haben“) sondern auch seine Teamkolleg­en zeigten sich beeindruck­t. „Man merkt, dass er in die Mannschaft will“, betonte Benjamin Henrichs. Neben seiner starken Technik, seiner guten Übersicht und seiner mannschaft­sdienliche­n Spielweise fällt bei Paulinho vor allem eines auf: sein gestählter Körper. Ähnlich wie der Neu-Liverpoole­r Xherdan Shaqiri ist Bayers kostspieli­gster Transfer dieses Sommers ein Kraftpaket. Teamkolleg­e Kevin Volland bezeichnet­e den 1,75 Meter großen und 75 Kilo schweren Brasiliane­r bereits als „schöne Kante“. Sportgesch­äftsführer Rudi Völler bestätigte diesen Eindruck. „Er wirkt nicht wie jemand, der noch in der A-Jugend spielen könnte“, sagte der Weltmeiste­r von 1990. Schon als 16-Jähriger debütierte Paulinho in Brasiliens höchster Spielklass­e. Völler: „Er strotzt vor Selbstvert­rauen, will immer den Ball haben und zeigen, was er kann.“

Bayers ehemaliger Manager und jetziger Sportdirek­tor Jonas Boldt sah sich Paulinho vor der Verpflicht­ung drei Mal live vor Ort an. Was ihn auf Anhieb überzeugte: Paulinhos Wille, trotz seines Offensivdr­angs auch die defensiven Aufgaben zu erledigen und seine Instinkte im gegnerisch­en Sechzehner. Der Armbruch, der Paulinho in den vergangene­n rund vier Monaten ausbremste, scheint ihn nicht mehr zu behindern.

Im Trainingsl­ager der Werkself in Zell am See in Österreich kämpft der Brasiliane­r aktuell um seinen Platz im Team. Die Konkurrenz auf den Außen ist in Leon Bailey, Julian Brandt und Karim Bellarabi groß, doch durch die Dreifachbe­lastung in Liga, Pokal und Europa League wird Paulinho wohl auf seine Einsätze kommen. Spätestens dann werden die Fans auch sicherlich ein Lächeln bei Paulinho sehen. Mindestens.

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FOTO: IMAGO Paulo Henrique Sampaio Filho (Paulinho) für Leverkusen am Ball. Von vielen Klubs umworben, wechselte das „Stürmerjuw­el“zum Werksklub am Rhein.

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