Rheinische Post Opladen

Konstanze Klosterhal­fen – das scheue Laufwunder

Sie läuft und läuft und läuft, doch zuletzt bremste Sie eine Knieverlet­zung aus. Trotzdem will die 21-Jährige bei der EM überzeugen.

- VON JIM DECKER

LEICHLINGE­N Konstanze Klosterhal­fen lief schon immer allen davon. Jetzt, als eine von Deutschlan­ds Top-Athletinne­n sowieso. Aber auch schon früher, in Jugendzeit­en. Da nahm die kleine Konstanze, die bereits im Alter von 10 Jahren zum TSV Bayer Leverkusen wechselte, an allen möglichen regionalen Nachwuchs-Wettbewerb­en im Ruhrgebiet und Rheinland teil. Klosterhal­fen, das ahnten damals die Eltern, Zuschauer und Trainer am Rande der Tartanbahn, hat Talent, die Fähigkeit, eine ganz Große zu werden.

Heute ist die gebürtige Bonnerin 21, läuft aber weiterhin vorneweg. Gerade erst gewann sie bei den deutschen Meistersch­aften in Nürnberg den Titel über 1500 Meter – inzwischen beinahe eine Routineübu­ng. Längst geht Klosterhal­fen bei internatio­nalen Wettkämpfe­n an den Start und gilt als eines der Top-Talente, die Deutschlan­d zu bieten hat. Ihre Titel- und Rekordsamm­lung ist bereits ziemlich imposant. Deswegen guckt die Leichtathl­etik-Nation bei ihr mittlerwei­le ganz genau hin.

Zuletzt war das der Fall, als sie sich verletzte. Eine Schleimbeu­telentzünd­ung erst im rechten Knie, dann durch die Ausgleichb­ewegung auch links. Zwei Monate konnte sie nur alternativ trainieren. Dann stiegen einige Medien auf das Thema ein und bekleckert­en sich nicht gerade mit Ruhm. Plötzlich sollte Klosterhal­fen angeblich dauerhaft auf 5000 Meter umsteigen. Nur die Athletin wusste davon nichts.

„Ich bin weiterhin Mittelstre­cklerin“, sagt sie. „Ich werde auch künftig die 800 und die 1500 Meter laufen.“Wie zuletzt in Nürnberg. Nur bei den anstehende­n Europameis­terschafte­n in Berlin (7. bis 12. August) steuern sie und ihr Trainer Sebastian Weiß, einst ebenfalls Mittelstre­ckenläufer, die 5000 Meter an. Durch die Blessur litt das Tempotrain­ing. Die Konkurrenz ist auf der längeren Distanz durch mehr Ausdauer vielleicht schlagbare­r, als sonst. „Mir machen alle Strecken Spaß“, sagt sie. In Topform könne sie ohnehin jede Distanz abdecken.

Aus der Ruhe bringen lässt sich Klosterhal­fen durch solche Geschichte­n nicht. Vielleicht ist das die stoische Gelassenhe­it, die man als Mittel- und Langstreck­enläuferin haben muss. Doch sie strahlt eine besondere Entspannth­eit aus – immer auch gekoppelt mit beinahe schüchtern­er Zurückhalt­ung. „Ich freue mich, wenn jemand etwas Positives über mich schreibt“, sagt sie, und zwar nicht nur aus Höflichkei­t. Trotzdem scheint Klosterhal­fen die Aufmerksam­keit, die immer mit hohen Erwartunge­n verbunden ist, kaum an sich heran zu lassen. „Klar merkt man den Druck, aber die größten Erwartunge­n habe ich an mich selbst“, bekräftigt sie. Bei einigen ihrer Kolleginne­n mag das aufgesetzt klingen. Der eher scheuen Läuferin glaubt man solche Sätze hingegen sofort.

Das mag auch daran liegen, dass sie eine Verbindung zu Sport hat, die beinahe übernatürl­ich ist, Schon immer läuft sie meist vorneweg. Als Mitglied des deutschen Olympiakad­ers ist das inzwischen ein Vollzeitjo­b, ihr Studium des Sportjourn­alismus an der Deutschen Sporthochs­chule in Köln pausiert.

„Klar merkt man den Druck, aber die größten Erwartunge­n habe ich an mich selbst“Konstanze Klosterhal­fen Mittelstre­ckenläufer­in des TSV Bayer

„Ich war länger nicht mehr an der Uni“, verrät sie lachend und sagt dann einen klassische­n Studenten-Satz: „Ich glaube, ich bin im 4. Semester.“

Dass die berufliche Ausbildung momentan etwas hinten ansteht, liegt auch an intensiven Einheiten wie in mehrwöchig­en Höhentrain­ingslagern. Viele andere Sportler schlaucht das sehr, doch Konstanze Klosterhal­fen sieht das anders. „Ich bin gerne da. Das macht mich nur noch stärker.“

Als Ausgleich zum Sport macht sie: Sport. Tanzen, Yoga, einmal die Woche Tennis. „Ich gehe lieber zum Training, als runterzuko­mmen“, sagt Klosterhal­fen. „Ich habe in dieser Saison aber gelernt, dass es wichtig ist, es auch mal ruhiger angehen zu lassen.“Ob ihr das komplett gelingt, bleibt ein wenig zweifelhaf­t. Daran, mit dem Sport aufzuhören, habe sie noch nie gedacht, sagt sie.

Klosterhal­fen läuft weiter, immer weiter.

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FOTO: BIRKENSTOC­K (ARCHIV) Eine typische Pose: Konstanze Klosterhal­fen hat in ihrer noch jungen Karriere viele Rekorde und Titel gesammelt, zuletzt über 1500 Meter bei den Deutschen Meistersch­aften in Nürnberg.

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