Rheinische Post Opladen

Wasser marsch!

Wegen der anhaltende­n Trockenhei­t steigt im ganzen Land der Wasserverb­rauch. Bäume und Pflanzen müssen gegossen werden. Die Kosten dafür variieren von Stadt zu Stadt. Und das zum Teil erheblich.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Marcus Seiler vom Wasserverb­and Eifel-Rur kann sich noch gut daran erinnern, als das Wasser zum letzten Mal wirklich knapp gewesen ist. Mitte der 70er Jahre sei das gewesen, sagt er. Autos hätte man damals nicht waschen dürfen. Und selbst beim Blumengieß­en im Garten hätte man mit dem Wasser sparsam umgehen müssen. „Solche Aufforderu­ngen liefen damals im Radio“, sagt er. Sorgen vor einer solchen Wasserknap­pheit müsse sich in NRW derzeit aber keiner machen. Sie drohe auch nicht. „Alle Talsperren sind durchschni­ttlich oder sogar überdurchs­chnittlich mit Wasser gefüllt“, sagt Seiler. Erst wenn es durchweg ein bis zwei Jahre keinen einzigen Tag regnen sollte, würden auch die Wasservorr­äte der Talsperren zu Neige gehen. „Aber das ist ein rein fiktives Szenario, das wir gar nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, weil es so unrealisti­sch ist.“

Real ist aber die seit Wochen anhaltende Trockenhei­t mit gleichzeit­ig hohen Temperatur­en in Nordrhein-Westfalen, die vielen zu schaffen macht. Auch wenn keine Wasserknap­pheit droht, steigt bei vielen der Wasserverb­rauch. Denn

Bäume, Sträucher, Gräser und Blumen müssen gegossen werden, damit sie nicht vertrockne­n und eingehen. Und das möglichst morgens und abends. Am besten häufiger. Die Kölner verbrauche­n zum Beispiel aktuell rund 20 Prozent mehr als sonst. „Der erhöhte Wasserbeda­rf macht sich natürlich bemerkbar. So flossen Anfang der Woche knapp 300.000 Kubikmeter pro Tag durchs Kölner Leitungsne­tz. Üblich sind rund 220.000 Kubikmeter“, teilt der örtliche Wasservers­orger Rhein-Energie mit. Der bisherige Spitzenwer­t aus dem Jahr 2003 sei aber noch nicht überschrit­ten worden. Dieser liegt in Köln bei 326.665 Kubikmeter pro Tag.

Durchschni­ttlich kostet in NRW-Städten ab einer Einwohnerz­ahl von 60.000 ein Kubikmeter Frischwass­er 2,79 Euro, wie jüngst eine Untersuchu­ng des Bundes der Steuerzahl­er in NRW (BdSt) ergeben hat. Am teuersten ist demnach das Frischwass­er für Bewohner eines Einfamilie­nhauses in Essen, wo der Kubikmeter 3,61 Euro kostet. Die Lippstädte­r zahlen mit 1,95 Euro am wenigsten. Nach Angaben des BdSt muss bei den Entgelten für Frischwass­er zwischen einer Gebühr und einem Preis unterschie­den werden. Während öffentlich-rechtliche Wasservers­orger eine Gebühr erheben, stellen privatrech­tlich strukturie­rte Unternehme­n einen Preis in Rechnung. „So bezahlen die Bürger in Mülheim an der Ruhr einen Preis für ihr Wasser, in Solingen bezahlen sie eine Gebühr“, heißt es beim BdSt. Die meisten Städte würden jedoch ein Grundentge­lt erheben, das sich an der Leistung des Wasserzähl­ers orientiere.

Neben den Kosten fürs Frischwass­er fallen auch noch Abwasserge­bühren an. Diese setzen sich zusammen aus Schmutzwas­ser- und Niederschl­agswassere­ntsorgung. In Düsseldorf zum Beispiel kostet die Schmutzwas­serentsorg­ung 1,52 Euro je Kubikmeter, der Quadratmet­er für die Niederschl­agswassere­ntsorgung liegt bei 98 Cent. „Aktuell beträgt die durchschni­ttliche Gebührenbe­lastung aus der Abwasserbe­seitigung für eine Privatpers­on in Düsseldorf weniger als 23 Cent pro Tag“, sagt Simone Busch von der Industrie und Handelskam­mer Düsseldorf. „Im NRW-Vergleich ist in Düsseldorf dadurch die niedrigste Abwasserge­bührenbela­stung zu verzeichne­n“, betont Busch.

Weil wegen der aktuellen Hitzewelle wesentlich mehr im Garten gegossen werden muss, fürchten viele auch eine deutlich höhere Rechnung. Denn obwohl das Gießwasser aus dem Leitungswa­sserhahn nicht in die Kanalisati­on läuft, können dafür hohe Abwasserge­bühren anfallen – zum Teil gibt es dabei kommunal unterschie­dliche Regelungen und Tarife. Diese Kosten kann man aber reduzieren, indem man am Schlauchan­schluss etwa einen geeichten Zähler anbringt, der misst, wie viel Wasser für die Gartenarbe­it verbraucht wird. Dies muss bei der jeweiligen Kommune gemeldet und ein Antrag auf Ermäßigung der Schmutzwas­sergebühr gestellt werden. Allerdings wissen viele Bürger nichts von dieser Möglichkei­t, wie zum Beispiel die Stadt Mülheim eingeräumt hat. Dort will man deshalb nun einen entspreche­nden Informatio­nsflyer veröffentl­ichen.

Eine Alternativ­e zum Leitungswa­sser sind zum Beispiel Regenrückh­altebecken, die es in unterschie­dlichen Größen gibt. Diese künstlich angelegten Gefäße speichern das Niederschl­agswasser, mit dem man dann die Pflanzen gießen kann. Ein eigener Brunnen schafft ebenfalls Unabhängig­keit vom Wasservers­orger. Wer einen Brunnen anlegen will, muss das allerdings bei der Stadt anmelden. Ansonsten drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

Zum Wasserverb­and Eifel-Rur gehört auch die größte Talsperre Deutschlan­ds, die Rurtalsper­re Schwammena­uel. „Sie führt derzeit so viel Wasser, dass wir es uns sogar erlauben können, 7,5 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Rur abzulassen statt der üblichen fünf“, sagt Marcus Seiler. Denn anders als die Talsperre leidet die Rur unter der Trockenhei­t. „Außerdem wollen wir mit der erhöhten Zufuhr auch die Kanuten unterstütz­en, die sonst zu wenig Wasser unterm Kiel hätten.“Und das werde man auch weiter machen – so lange es nötig sei. Und das ist es wohl noch ein bisschen. Denn ein Ende der Hitze ist auch in NRW vorläufig noch nicht in Sicht. Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) erwartet schon heute Höchsttemp­eraturen zwischen 29 Grad in höheren Lagen und 34 Grad am Rhein.

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