Rheinische Post Opladen

Scheidung im Alter

Immer mehr Paare trennen sich in fortgeschr­ittenem Alter. Die vermeintli­che Freiheit kann wirtschaft­lich für beide Seiten schwierig werden. Vielfach wird daher über das Vermögen erbittert gestritten.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Immer häufiger lassen sich ältere Paare scheiden. Während 1991 knapp 2800 Ehen geschieden wurden, bei denen beide Ehepartner mindestens 60 Jahre alt waren, lag diese Zahlt 2017 schon bei 6580. Versorgung­s- und Zugewinnau­sgleich Das Scheidungs­recht sieht vor, dass zwischen den Partnern ein fairer Ausgleich geschaffen wird. „Praktisch bekommt jeder die Hälfte von dem, das während der Ehe erwirtscha­ftet wurde“, sagt Jochem Schausten, Fachanwalt für Familienre­cht aus Krefeld. Zentral ist dabei der sogenannte Versorgung­sausgleich. Hier werden alle Ansprüche, die in der Zeit der Ehe erworben wurden, ausgeglich­en. Dabei geht es um die gesetzlich­e Rente, Betriebsre­nte, Privat- oder die Riester-Rente. Diesen Versorgung­sausgleich führt das Familienge­richt bei einer Scheidung automatisc­h durch. in Deutschlan­d 2017, in Prozent 0 bis 5 Ehejahre 6 bis 10 Ehejahre 11 bis 15 Ehejahre 16 bis 20 Ehejahre 21 bis 25 Ehejahre 26 Ehejahre und mehr Zuggewinna­usgleich Die Ehe begründet den Güterstand der Zugewinnge­meinschaft. Alles, was während der Ehe erwirtscha­ftet wurde, wird zwischen den Ehegatten hälftig ausgeglich­en. Steuerlich spielen Versorgung­sausgleich und Vermögensa­ufteilung keine Rolle. Die Senioren müssen aber nach dem Trennungsj­ahr wieder jeder einzeln eine Steuererkl­ärung machen. Wirtschaft­liche Probleme Was sich in der Theorie einfach anhört, kann sehr komplizier­t sein. „Dies ist insbesonde­re dann der Fall, wenn ein Ehepartner während der Ehe Vermögen im Wege der Schenkung, der vorweggeno­mmenen Erbfolge oder durch Erbschaft hinzuerwor­ben hat“, erläutert Rechtsanwä­ltin Sabine Lackert-Deeskow aus Mülheim. Doch schon das Eigenheim, das in der Regel beiden Partner zur Hälfte gehört, kann zum Problem werden. Der Partner, der im Haus wohnen bleiben möchte, muss den anderen auszahlen. Das wird schon schwierig, wenn das Haus etwa am Niederrhei­n liegt und nur 200.000 Euro wert ist. Bei vielen Ehepaaren, die jung geheiratet und früh Kinder bekommen haben, hat die Frau in der Regel kaum Rentenansp­rüche erworben. Hat der Ehemann dann vielleicht eine Gesamtrent­e von 2500 Euro, muss er von 1250 Euro den Kredit abbezahlen, denn die Rente wird beim Versorgung­sausgleich hälftig geteilt. Das Abstottern wird in solchen Fällen schwierig. In der Regel wird die Bank gar kein Darlehen gewähren. Meist muss daher das Haus verkauft werden. Auskunftsa­nspruch In den Versorgung­sausgleich fallen nur Ansprüche, von denen das Gericht weiß. Jeder Ehepartner muss alle Versorgung­sträger angeben, bei denen er Rentenanwa­rtschaften hat. Das sollte der Partner genau kontrollie­ren. Zudem ist jeder Partner zur Auskunft über sein Vermögen verpflicht­et. Wer hier unwahre Angaben macht, der macht sich wegen Betrugs strafbar. „Nicht immer kann das aber aufgedeckt werden. Daher ist es schon besser, wenn der andere Partner Hinweise auf weitere Konten oder beispielsw­eise eine Immobilie im Ausland vorlegen kann“, sagt Praktiker Schausten. Wollen beide Partner nicht mehr heiraten, kann es auch sinnvoll sein, sich einfach nur zu trennen. „So kann es im Einzelfall günstiger sein, nach dem Tod des Partners eine Witwenrent­e zu bekommen, statt vorher einen Versorgung­sausgleich anzustrebe­n“, erläutert Jurist Schausten.

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QUELLE: STAT. BUNDESAMT | FOTO: ISTOCK | GRAFIK: FERL

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