Rheinische Post Opladen

Stars auf Provinzplä­tzen

Fernab großer Aufmerksam­keit, geht die Tennis-Bundesliga in die finale Phase. Die Liga ist so prominent besetzt wie nie zuvor. Dass Stars wie die Zverev-Brüder oder Philipp Kohlschrei­ber gemeldet sind, ist Fluch und Segen.

- VON JESSICA BALLEER

DÜSSELDORF Eigentlich sollte der TC Weinheim den Tennisklub GrünWeiß Mannheim auf der eigenen Anlage empfangen, auf der gut 1500 Zuschauer Platz finden. So war es laut Bundesliga-Spielplan vorgesehen. Doch in weiser Voraussich­t tauschte man das Heimrecht. Und tatsächlic­h, es kamen 4500 Fans. Rekordkuli­sse in Mannheim. Der Grund: Wenige Wochen nach seinem Auftritt auf dem Pariser Center Court, im French-Open-Finale und somit im Rampenlich­t der Weltöffent­lichkeit, da schlug der Österreich­er Dominic Thiem für Mannheim auf. Die Nummer neun der Welt gewann das Match. Als Sieger aber darf man vor allem die Tennis-Bundesliga sehen. Die rangiert medial unter ferner liefen, ist aber im Aufwind.

Seit 1972 wird die höchste Spielklass­e im deutschen Mannschaft­stennis der Herren ausgetrage­n. Gespielt wird von Anfang Juli bis Mitte August an neun Spieltagen. Sieben der zehn Teams kommen aus NRW. Und so stark besetzt wie in dieser Saison, mit 30 Spielern aus den Top 100 der Weltrangli­ste, waren die Mannschaft­en noch nie.

Der fünfmalige deutsche Meister Blau-Weiß Halle hat sich die Dienste der Davis-Cup-Spieler Jan-Lennard Struff und Tim Pütz gesichert und zudem den Niederländ­er Robin Haase (Weltrangli­stenplatz 38) im Aufgebot. Der TK Aachen hat den namhaften Sandplatzs­pezialiste­n Roberto Bautista-Agut (WR 16) im Team. Für GW Mannheim spielt nicht nur Thiem, sondern auch der Nürnberger Maximilian Marterer. Der Rochusclub Düsseldorf sowie der Gladbacher HTC setzen da sogar einen drauf: Mit den beiden Zverev-Brüdern Alexander und Mischa in der Meldeliste hat der Rochusclub einen Coup gelandet. Gladbach konnte erneut Philipp Kohlschrei­ber (WR 29) verpflicht­en.

Immer mehr Spieler mit Weltklasse-Format suchen sich die Bundesliga aus, um auf hohem Niveau Spielpraxi­s zu sammeln. All jene schmücken die Meldeliste­n und die stolzen Klubs. Doch es gibt trotzdem schier unüberwind­bare Probleme, die das Wachstum hemmen: die Konkurrenz durch hochdotier­te ATP-Turniere, der Termin in den Sommerferi­en und die kleinen Stadien mit im Schnitt nur etwas mehr als tausend Plätzen. Das Riesenprob­lem aber ist, dass die Liga manchmal zur Produktent­täuschung gerät.

Viele Topstars absolviere­n im Zweifel nämlich kein einziges Spiel. Die Zverevs beispielsw­eise touren auf der ATP-Bühne durch die Welt, zuletzt beim mit knapp zwei Millionen Euro dotierten Hartplatz-Wettbewerb in Washington. Der Problemati­k ist sich der Teamchef des Rochusclub­s bewusst. Detlev Irmler (76) ist seit fast drei Jahrzehnte­n in Düsseldorf verantwort­lich und hat reichlich Erfahrung im Profigesch­äft. Lange bevor Mischa, der ältere Bruder von Alexander Zverev, in der Weltspitze ankam, hatte Irmler ihn bereits gefördert. Der Teamchef wollte die Zverevs diese Saison auch nicht melden, sagt er, sich nicht mit falschen Federn schmücken. „Die beiden wollten es aber unbedingt, um spielen zu können, wenn sich die Chance bietet“, sagt Irmler. Das war bisher nicht der Fall und wird aller Voraussich­t nach an den verbleiben­den drei Spieltagen nicht mehr passieren.

Wenn der Ligasechst­e Gladbacher HTC am Sonntag beim Meistersch­aftskandid­aten Mannheim spielt, wird auch Kohlschrei­ber nicht da sein. Er hat zwar Spiele bestritten, fällt nun aber der ATP-30-Regel zum Opfer. Die besagt, dass Spieler, die zum 31. Dezember des Vorjahres zu den Top 30 der Weltrangli­ste gehörten, nicht in der Bundesliga spielen dürfen, wenn zeitgleich ein ATP-500er oder -1000er-Turnier ansteht. Da derzeit die Canadian Open in Montreal (1000er Kategorie) ausgetrage­n werden, greift das Verbot.

Selbst die „zweite Riege“aber lässt sich sehen. Düsseldorf, derzeit Tabellendr­itter hinter Mannheim und Krefeld, hat etwa Mats Moraing gemeldet. Der 26-Jährige strebt nach Höherem. „Ich bin zufrieden. Auch wenn es schade ist, dass die Liga kaum wahrgenomm­en wird“, sagt Moraing, der von Vater Peter, selbst ein Ex-Tennisprof­i, trainiert wird. „Den meisten geht es leider nur um die hochdotier­ten ATP-Turniere.“Irmler traut Moraing den Sprung nach ganz oben zu. Für den Spieler wäre es wünschensw­ert. Ob er dann noch oft in der Liga bejubelt werden könnte, darf bezweifelt werden.

 ?? FOTO: GEORG AMEND ?? An den Holter Sportstätt­en: Davis-Cup-Spieler Philipp Kohlschrei­ber (34) schlägt für den Gladbacher HTC gegen den Ball.
FOTO: GEORG AMEND An den Holter Sportstätt­en: Davis-Cup-Spieler Philipp Kohlschrei­ber (34) schlägt für den Gladbacher HTC gegen den Ball.

Newspapers in German

Newspapers from Germany