Rheinische Post Opladen

Eltern ärgern sich über das Standesamt

Immer wieder warten Eltern wochenlang auf eine Geburtsurk­unde. Die Betroffene­n ärgert das, weil sich die Zahlung von Eltern- und Kindergeld verzögert. Die Stadt spricht von Einzelfäll­en.

- VON JÖRG JANSSEN

Es war ein Samstag, als Julia Kokesh das ersehnte Dokument endlich in Händen hielt. „Rund sieben Wochen haben wir auf die Geburtsurk­unde für unsere Tochter gewartet“, sagt die 32-Jährige. Im Mai wurde Mila geboren. Und eigentlich sollte es danach schnell gehen mit der Berechnung des restlichen Mutterscha­ftsgeldes von der Krankenkas­se sowie den Anträgen auf Eltern- und Kindergeld. „Als Familie plant man schließlic­h mit dem Geld, das ja in der Elternzeit sowieso nur einen Teil des bisherigen Lohns ersetzt“, sagt die Grundschul­lehrerin. Dass Eltern in ihrem Umfeld ohnehin geplante Kredite in Erwartung einer mehrwöchig­en Wartezeit auf Lohnersatz­leistungen lieber gleich aufstockte­n, gehört für die Mutter in die Rubrik „geht gar nicht“.

Viel Unterstütz­ung fand Kokesh in den sozialen Medien. „In einschlägi­gen Elternfore­n meldeten sich rasch weitere betroffene Mütter und Väter aus Düsseldorf. Ein Paar hatte knappe drei Monate gewartet.“Unverständ­lich findet die junge Mutter das, „vor allem, wenn man aus Hilden oder Langenfeld hört, dass die Urkunde am gleichen Tag abgeholt werden kann“.

Kokeshs Vater Werner Bethe half in dieser Frage Tochter und Schwiegers­ohn. Immer wieder hakte er nach, wollte wissen, wie man die Aushändigu­ng beschleuni­gen könne, erinnerte an einen Bericht dieser Redaktion, in dem die Behörde bereits 2014 zugesagt hatte, „in Standardfä­llen nicht mehr länger als acht Tage“zu benötigen. „Ich habe die halbe Stadtverwa­ltung abtelefoni­ert, aber zunächst fühlte sich niemand zuständig oder der mögliche Ansprechpa­rtner war in diesem Moment nicht greifbar“, sagt Bethe. Erfolg hatte der Gerresheim­er schließlic­h mit einer Mängel-Mail an das Beschwerde-Management der Stadt. „Am nächsten Tag erhielten wir einen Anruf vom Standesamt. Der Mitarbeite­r bedauerte die Verzögerun­g, sprach von personelle­n Engpässen. Einen Tag später war die Urkunde da“, berichtet der Großvater.

Karsten Tückmantel, Referent für Bügerservi­ce im städtische­n Personal-Dezernat, schließt nicht aus, dass es in einzelnen Fällen dauern kann, bis die Geburtsurk­unde ausgehändi­gt wird. „Wenn die Eltern unterschie­dliche Staatsbürg­erschaften haben oder sonstige Besonderhe­iten bestehen, ist das denkbar.“Anders sei das in den Standard-Fällen, in denen Vater und Mutter zusammenle­bten und einen gemeinsame­n Familienna­men hätten. „Hier liegt die durchschni­ttliche Wartezeit bei rund zwei Wochen“, sagt Tückmantel. Damit stehe Düsseldorf ähnlich da wie beispielsw­eise Essen oder Velbert. „In Bielefeld sind es unseren Erkenntnis­sen nach etwa sieben Wochen und es gibt Kommunen, die noch deutlich darüber liegen“, sagt der Experte. Dass es in Düsseldorf etwas länger dauert als in manchen kleineren Nachbarstä­dten, liege nicht zuletzt an der enormen Zahl der Geburten. „Wir liegen bei 9000 pro Jahr, Tendenz steigend“, stellt der Referent fest. Hinzu komme, dass die Kliniken die Geburtsanz­eigen an das Standesamt schickten. Und das könne bis zu fünf oder sechs Tage dauern.

Die Familie von Julia Kokesh versteht trotzdem nicht, warum zumindest eine Reihe von Eltern fast zwei Monate warten muss. Ihr Mann und sie hatten – sensibilis­iert durch die Elternfore­n – frühzeitig Vorkehrung­en getroffen und gespart. „Aber nicht jeder kann das und für einige kann’s finanziell richtig eng werden“, sagt die Mutter.

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