Rheinische Post Opladen

Fachwerk-Idylle im kühlen Wiembachta­l

In Biesenbach fühlen sich 400 Bewohner heimisch und wohl. Nachbarsch­aft wird groß geschriebe­n.

- VON GABI KNOPS-FEILER

LEVERKUSEN Biesenbach – der Name ist vermutlich auf die heute noch im Gebiet anzutreffe­nden Binsen zurückzufü­hren – wird 1506 erstmals urkundlich erwähnt. Doch schon als 1288 die Schlacht von Worringen tobte, wurde Adolf V. „Graf von Berg, wahrschein­lich durch Bauern aus Biesenbach unterstütz­t. Denn Bergische Bauern verstärkte­n gemeinsam mit der Kölner Miliz die Truppen des späteren Siegers. Das alles liegt lange zurück, und von Streitigke­iten ist im Straßendor­f Biesenbach nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: In der 2006 erschienen Chronik zum 50-jährigen Bestehen der Dorfgemein­schaft Biesenbach heißt es: „Wo dä Wiebäch munter rieselt, do wont ne guede Minschensc­hlag. Wo Fruhsinn onger alle Dächer, wont treu on brav – dä Biesenbäch­er“.

Als das Heft erschien, existierte die Dorfgemein­schaft in ihrer ursprüngli­chen Form schon nicht mehr. Die Dorffeste, bei denen alljährlic­h einen Dorfkönig gekrönt wurde, galten einst als legendär. Speziell zum 25-Jährigen strömten die Menschen aus der gesamten Umgebung herbei. Doch es gab Nachwuchss­orgen. 2005 saß zum ersten- und letzten Mal eine Frau auf dem Thron. Seither konzentrie­ren sich 230 Mitglieder auf Aktivitäte­n wie Martinszug, Nikolaus- oder Seniorenfe­ier und Wandertag.

Aktuell rund 400 Einwohner haben sich fünf Kilometer nordöstlic­h der Leverkusen­er Innenstadt niedergela­ssen. Am Stadtrand führen sie ein beschaulic­hes Leben mitten in landschaft­lich reizvoller Natur. Zu ihnen gehört auch Udo Kreie (64), der mit seiner Familie seit 1979 in Biesenbach zu Hause ist. „Hier fühlen wir uns sehr wohl“, beschreibt der zweifache Großvater, der von 1996 bis 2005 bis Vorsitzend­er der Dorfgemein­schaft Biesenbach war. „Wir leben im Grünen und dennoch nahe der Stadt“, nennt Kreie neben einer gut funktionie­renden Nachbarsch­aft einige weitere Vorteile. Bei Hitze besonders angenehm: Im Tal ist die Temperatur durchschni­ttlich zwei Grad niedriger, als in der Stadt.

Der Ort erstreckt sich S-förmig auf rund 1100 Metern zwischen der Kreuzung Neukronenb­erger Straße und Wiembachta­l. Der Wiembach – er wird gelegentli­ch auch als Wiehbach bezeichnet – entspringt in Burscheid und fließt fast elf Kilometer durch die Wiembachau­e, vorbei an Gut Ophoven und dem Opladener Freibad bis er in Opladen in die Wupper mündet. Gespeist wird der Wiembach unter anderem durch ein Wasser, das an der so genannten Maurinus-Quelle am Hummelweg in Lützenkirc­hen entspringt. Die Quelle ist als Naturdenkm­al eingestuft.

Biesenbach hatte zeitweilig sogar sein eigenes Pumpwerk, das neben Lützenkirc­hen auch Quettingen mit Wasser versorgte. Die Wassergeno­ssenschaft Biesenbach wurde am 30. August 1902 in Claashäusc­hen gegründet. Bei normalem Wasserstan­d wurden die Pumpen durch ein Wasserrad, in wasserarme­n Zeiten durch einen Elektromot­or angetriebe­n. Der zugehörige Wasserturm stand auf der Ohmer – so heißt eine Straße in Lützenkirc­hen noch immer – etwa 110 Meter über Meereshöhe. Im Laufe der Jahre verschlech­terte sich zunehmend die Wasserqual­ität, so dass der Wasservers­orgungsver­band 2005 aufgelöst wurde. Seither liefert die EVL das Trinkwasse­r aus der Dhünn-Talsperre. Der Wiembach liefert zwar kein sauberes Trinkwasse­r mehr. Doch für das Biotop, das in Biesenbach vom NaturGut Ophoven angelegt wurde, reicht es allemal. Auf einer Insel des künstlich angelegten Teiches haben zuletzt Graugänse gebrütet. Außerdem sind Füchse, Eulen, Rehe und Marder in diesem Naturschut­zgebiet zu Hause. Biesenbach hat aber noch mehr zu bieten. Unter anderem zwei Fachwerkhä­user aus dem 17. Jahrhunder­t, die zu den ältesten der Stadt zählen. Außerdem die Biesenbach­er Mühle, die bereits 1506 urkundlich erwähnt wurde, als Wilhelm IV als Herzog von Jülich-Berg und Graf von Ravensberg noch das Bergische Land regierte, bis er 1511 als letzter bergischer Herrscher im Altenberge­r Dom beigesetzt wurde. Eine weitere Karte aus 1829 datiert das Mühlengebä­ude mit rückwärtig­em Anbau, Scheune und einem gegenüber der Mühle liegenden Wohnstallh­aus. Seit 1995 ist das Bodendenkm­al unter Schutz gestellt.

Traditione­ll fühlen sich Bewohner eher dem Ortsteil Bergisch Neukirchen zugehörig, obwohl Biesenbach eigentlich näher an Lützenkirc­hen liegt. Allerdings wurde der direkte Weg nach Neukirchen vor einigen Jahren teilweise gekappt. Zu viele Leute hatten die Strecke als Abkürzung genutzt. Von Biesenbach gelangt man zwar nach wie vor in den Nachbarort. Doch zurück ist ein kleiner Umweg durch den Tunnel erforderli­ch. Die Durchfahrt ist nur für Anwohner erlaubt. Dafür zahlen sie zehn Euro pro Jahr. Der Durchgangs­verkehr hat sich seither drastisch reduziert, ist aber morgens und abends immer noch spürbar. „Maximal 20 Prozent aller Verkehrste­ilnehmer halten sich an die vorgeschri­ebene Geschwindi­gkeit von 20 Stundenkil­ometern“, bemerkt Udo Kreie, der sich als Kommandant der Opladener Karnevalsg­esellschaf­t Altstadtfu­nken engagiert. „Alle anderen rasen mit 50 Stundenkil­ometern durch das Dorf. Leider wird die Geschwindi­gkeit nur noch selten kontrollie­rt.“

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Fest verwurzelt: Udo Kreie (64) ist seit 1979 in Biesenbach zuhause .
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Ein offenes Ohr für die Nachbarn – Susanne Tolksdorf in ihrer „Klöntür“.

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