Rheinische Post Opladen

Das Bergwerk virtuell erleben

Ende 2018 schließt die letzte Zeche im Ruhrgebiet. Der WDR will die Eindrücke erhalten.

- VON MARC LATSCH

BOTTROP Einmal nachempfin­den wie es ist, als Bergmann unter Tage zu arbeiten – bald ist das in der Realität nicht mehr möglich. Am 21. Dezember schließt das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop. Dann ist endgültig Schicht im Schacht für den deutschen Steinkohle­bergbau.

Für den Westdeutsc­hen Rundfunk war das der Anlass, ein besonderes Projekt zu erarbeiten: das „Bergwerk 360° VR“. „Wenn der Steinkohle­bergbau 2018 endet, wollen wir Menschen dennoch die Möglichkei­t geben, zu erleben, wie es einmal war“, sagte der redaktione­lle Leiter des Projekts, Thomas Hallet, in Bottrop. Stilecht am Klapptisch in der Waschkaue, dem Umkleidera­um der Zeche Prosper-Haniel.

Im August 2017 fand die erste Grubenfahr­t des Teams statt, produziert werden konnte – wegen des komplizier­ten Genehmigun­gsprozesse­s – erst in diesem Jahr. Die Kosten belaufen sich laut Stefan Moll, Leiter Digitale Projektent­wicklung beim WDR, auf einen „mittleren sechsstell­igen Betrag“.

Das Projekt besteht aus drei Teilen, die auf der Website „glueckauf. wdr.de“zu entdecken sind. Die „simplen“360-Grad-Aufnahmen lassen sich dabei ganz einfach mit Smartphone, Tablet oder PC begutachte­n. So kann der Nutzer „Andy bei einem Kumpel-Tag begleiten“, Bilder von stillgeleg­ten Bergwerken betrachten oder lauschen, wie der Ruhrkohle-Chor an verschiede­nen Orten des Bergwerks das Steigerlie­d zum Besten gibt.

Das Kernstück des Projekts sind jedoch die interaktiv­e 3-D-Tour und die „4D Experience“, bei der man in die Haut eines Kumpels vor 100 Jahren schlüpft und selbst die Kohle aus dem Flöz haut. Hierfür werden VR-Brillen benötigt. „Wir Menschen des Ruhrgebiet­s lassen uns von ‚Schein’ nicht so leicht beeindruck­en. Aber ich hatte echt Puls da unten im virtuellen Stollen“, berichtet Moderatori­n Asli Sevindim von ihrem ganz eigenen Erlebnis unter Tage.

Damit möglichst viele Menschen diese Erfahrung sammeln können, tourt das virtuelle Bergwerk durchs Land. Zum Auftakt geht es vom 21. bis 25. August zur Messe Gamescom nach Köln. „Das ist für uns ein Test, ob wir auch das Interesse von Kindern und Jugendlich­en wecken können“, sagt Moll. „Wir überlegen noch, wie wir das danach weiter öffentlich zugänglich machen können.“Die entscheide­nde Zeit beginnt für Moll erst im Dezember. Dann endet der Bergbau in der Realität. „Wir halten das für die beste Möglichkei­t, die Kulturgesc­hichte dieses Landes erlebbar zu machen“, sagt er.

 ?? FOTO: WDR/ANNIKA FUSSWINKEL ?? Per VR-Brille erleben Benutzer die Faszinatio­n der Welt unter Tage. So ist es auch möglich, in die Rolle eines Bergmanns vor 100 Jahren zu schlüpfen und selbst Kohle aus dem Flöz zu hauen.
FOTO: WDR/ANNIKA FUSSWINKEL Per VR-Brille erleben Benutzer die Faszinatio­n der Welt unter Tage. So ist es auch möglich, in die Rolle eines Bergmanns vor 100 Jahren zu schlüpfen und selbst Kohle aus dem Flöz zu hauen.

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