Fähre in Hitdorf sucht einen „Kapitän“
Die Personallage bleibt weiter angespannt. Im Führerhaus sind Konzentration und technische Kenntnisse gefragt.
LEVERKUSEN In vielen Kulturen besaß der Fährmann eine mythologische Bedeutung und wurde oft mit dem Übergang vom Leben in den Tod assoziiert. Wenn Rolf Küppers, Geschäftsführer der Aktiengesellschaft Häfen- und Güterverkehr (HGK) Köln, nun einen Fährmann sucht, ist das ausschließlich dem Personalmangel auf der Rheinfähre Hitdorf geschuldet. Genauer sucht er einen Mann oder eine Frau, die den Beruf des Fährführers auf der Autofähre „Fritz Middelanis“ausüben wollen. Dieses Fährschiff ist Teil einer GmbH, die zur Hälfte von der Stadt Leverkusen und der HGK gehalten wird.
Als es an mitteleuropäischen Strömen und Flüssen kaum Brückenverbindungen gab, war der Beruf des Fährmannes sehr verbreitet. Solche Zeiten erlebte auch das Hitdorfer Fährschiff. Es stammt aus den 1960er-Jahren und ist Nachfolger der Fähre, die vor dem Krieg von Hitdorf betrieben wurde. Damaliger Initiator war der Hitdorfer Industrielle Fritz Middelanis. Der spätere Geschäftsführer nutzte seinen Einfluss zur Schaffung einer kurzen Verbindung über den Rhein. Als die Autobahnbrücke gebaut war, fuhr die Fähre massive Verluste ein. Denn die meisten Menschen bevorzugten die kostenlose Schnellstraße. In den letzten Jahren hat sich das ins Gegenteil verkehrt. Nun nutzen viele Leute wieder die kostenpflichtige, aber staufreie Variante, um pünktlich an den Arbeitsplatz zu gelangen. Eben wegen dieser berufstätigen Pendler startet das Wasserfahrzeug wochentags seine erste Fahrt bereits um 6 Uhr morgens und stoppt erst wieder um 20.15 Uhr am Abend. Am Wochenende und im Sommer verkehrt die Fähre normalerweise zwischen 9 und 20.15 Uhr. Zuletzt war das wegen Personalmangels nicht gut möglich. Erst seit Montag hat sich die Situation wieder entspannt, seither gibt es wieder zwei Fährführer. „Zwei sind aber immer noch zu wenig“, verdeutlicht Küppers. „Wir brauchen mindestens drei Mitarbeiter, besser noch einen vierten.“
Fährführer ist weder ein klassischer Lehr- noch ein zwingender Männerberuf, setzt aber technische Kenntnisse voraus. Es handelt es sich um überwiegend körperlich leichte Arbeit – abgesehen von Wartungsarbeiten wie Rost entfernen, nach dem Motor schauen oder Öl nachfüllen. Küppers: „Der Hit wäre, wenn wir einen Automechaniker bekommen könnten.“Die etwa dreijährige Ausbildung im Selbststudium einschließlich 180 Praxis-Stunden auf der Fähre endet mit einer Prüfung beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Duisburg. Die Kosten, die auch für den Erwerb von Radarpatent und Ukw-Funksprechzeugnis, trägt die HGK. Letzteres wird gebraucht, um technische Hilfsmittel einsetzen zu können, während das Schiff Europas meist befahrene Schifffahrtsstraße auf mehreren hundert Metern überquert. „Damit es nicht zu Kollisionen kommt, muss sich die Fähre regelrecht zwischen den anderen Schiffen durchschlängeln“, erklärt Küppers. Vor allem deshalb wird hohe Konzentration bei der Arbeit vorausgesetzt. Überhaupt nicht konzentriert waren wohl die Autofahrer, die stur ihrem Navigationsgerät gefolgt und zuletzt mit dem Pkw in den Rhein gefahren sind. Sogar einem Taxifahrer ist das schon passiert. „So etwas kommt alle zwei Jahre vor“, schmunzelt Küppers, „obwohl wir Blinklichter und Hinweisschilder aufgestellt haben.“Zum Glück bisher nur einmal innerhalb von 50 Jahren ist vorgekommen, dass ein Fahrgast ins Wasser gefallen ist. Der Fährführer sprang hinterher und hat ihn gerettet.