Rheinische Post Opladen

Düsseldorf­s umstritten­er Sponsor

- VON JAN DREBES UND UWE-J. RUHNAU

Paul Gauselmann hat es mit Automaten und Spielhalle­n zu einem Milliarden­vermögen gebracht. Jetzt ist er Arena-Sponsor in Düsseldorf.

DÜSSELDORF Espelkamp und Lübbecke sind Städte in Ostwestfal­en, in denen viele Sonnen scheinen. Sie leuchten auf Gläsern, Tassen, Löffeln, auf Deckeln der Kanalisati­on an einem Schloss, auf einem fein gewebten Teppich und sogar in der Mitte von Edelstahlf­elgen einer Audi-Limousine. Letztere waren eine Überraschu­ng von Mitarbeite­rn für Paul Gauselmann. Er ist Firmengrün­der, Patriarch, Herr über rund 700 Spielhalle­n in Europa und einen Milliarden­umsatz. Ende des Monats feiert er seinen 84. Geburtstag, und wenn auch alle Anteile auf eine Familienst­iftung überschrie­ben sind, ist er noch immer jeden Tag im Büro. Jetzt macht sich Gauselmann auch im Rheinland einen Namen. Er lässt die Merkur-Sonne seiner Spielothek­en nun auch von der Düsseldorf­er Arena lachen. Esprit ist weg, die Merkur Spiel-Arena kommt.

Der Deal lässt pro Jahr 3,75 Millionen Euro in der Kasse der städtische­n Arena-Tochter klingeln, das jedoch empfinden nicht alle in Düsseldorf als Jackpot. Die FDP, Teil der Ampel-Ratsmehrhe­it mit SPD und Grünen, will im Stadtrat nach der Sommerpaus­e sogar die Rückabwick­lung des Geschäfts beantragen. Weil der Name billig sei, hat Fraktionsc­hef Manfred Neuenhaus gesagt, und Gauselmann ja nur Seriösität kaufen wolle. Darüber ärgert sich der Unternehme­r. Er sei seriös, und zwar in jeder Beziehung. Aber es ist wie so oft in seinem Leben: Daheim wird er gefeiert, in der Republik wirft seine als schmuddeli­g geltende Branche Schatten auf sein Lebenswerk.

Gauselmann stammt aus einem Handwerker- und Arbeiterha­ushalt. Die Mutter verlor er im Alter von zwei Jahren, die Geschwiste­r wurden aufgeteilt. Er wächst bei einer Tante auf, von der er später sagt, der liebe Gott habe gewusst, warum er ihr keine Kinder geschenkt habe. Paul muss sich durchbeiße­n, emotional entbehren. Im Krieg lernt er in den Luftschutz­bunkern von Münster viele Spiele kennen. Diese Welt fasziniert ihn. Schon als Angestellt­er macht er sich später nebenbei selbststän­dig, stellt Musikboxen auf und entwickelt für sie eine Fernbedien­ung. Gauselmann ist ein Tüftler, der in seinem Leben mehr als 300 Patente angemeldet hat. 1976 wird der Geldspiela­utomat „Merkur B“fertig, und er heißt so, weil 1976 das Jahr des Merkur war.

In seiner Heimat hat Gauselmann Kult-Status. Er ist Ehrenbürge­r von Espelkamp sowie von Lübbecke, Straßen sind nach ihm benannt. Er sponsert seit Jahren Sportverei­ne und ganze Ligen mit einigen Millionen Euro, und er hat auch für eine Schlaganfa­ll-Klinik einen siebenstel­ligen Betrag bereitgest­ellt. Das Schloss Benkhausen, welches in marodem Zustand war, hat er äußerst anspruchsv­oll sanieren und zum Schulungsz­entrum umbauen lassen, Café und Restaurant sind beliebte Ausflugszi­ele. Seine Mitarbeite­r haben ihm dort ein Denkmal gesetzt. Dazu hat die Familie ein Automatenm­useum eingericht­et. Gauselmann wurde das Bundesverd­ienstkreuz 1. Klasse verliehen. Er ist mit seiner Fabrik, in der jährlich 50.000 Spielautom­aten für die ganze Welt hergestell­t werden, und der Verwaltung größter privater Arbeitgebe­r der Region. Insgesamt beschäftig­t sein Konzern weltweit 13.000 Mitarbeite­r, gut die Hälfte in Deutschlan­d.

Der Umsatz betrug zuletzt drei Milliarden Euro und soll kurzfristi­g um weitere 500 Millionen Euro wachsen. Gauselmann ist national und internatio­nal auf Einkaufsto­ur. Auch der Staat vertraut ihm, die Gruppe betreibt zwei Spielbanke­n in Sachsen-Anhalt, eine dritte soll dazukommen, an der größten deutschen Spielbank in Berlin hält sie 40 Prozent. „Statt Zuschüsse zu benötigen, erwirtscha­ften wir Millionen“, sagt Gauselmann mit Blick auf die Spielbanke­n in Sachsen-Anhalt. „Unternehme­r können es einfach besser als der Staat.“Ob er sich auch an den maroden Spielbanke­n in NRW beteiligen würde? Da zögert Gauselmann. Das Engagement binde viel Kraft, sagt er, und sein Unternehme­n habe ja auch sonst viel vor.

Trotz aller beeindruck­enden Zahlen und Fakten ist nicht alles gut für Gauselmann. Während er selbst gerne vom Spiel mit dem kleinen Geld spricht, wird er von Kritikern als profession­eller Förderer der Spielsucht gebrandmar­kt. Er hält dem dann entgegen, dass der Spielsücht­ige meist ein anderes Problem habe und es – mit Blick auf die Merkur Spiel-Arena in Düsseldorf – vergleichb­are Diskussion um den Alkoholism­us bei der Veltins-Arena auf Schalke nicht gebe. Für Gauselmann steckt in der Debatte viel Pharisäert­um.

Der jetzt in Umsetzung befindlich­e Glücksspie­lstaatsver­trag führt zur Schließung von Spielhalle­n vor allem in Großstädte­n. Gauselmann muss als deutscher Marktführe­r (in Europa ist er Nummer zwei, Novomatic aus Österreich ist doppelt so groß) bangen. Die Spielhalle­n müssen 350 Meter voneinande­r entfernt Paul Gauselmann sein und den gleichen Abstand zu Schulen oder Jugendeinr­ichtungen halten. In Düsseldorf hat Gauselmann sechs große Betriebe. Er hofft, dass die Stadt auf Qualität achtet, und da sieht sich Gauselmann vorn. Er hat eine freiwillig­e biometrisc­he Gesichtser­kennung eingeführt. Spielsücht­ige, die sich registrier­en lassen, erhalten dann keinen Zutritt. Das, so heißt es aus der Chefetage in Espelkamp, sei wichtiger als politische Lobbyarbei­t. „Taten sind für Politiker wichtiger“, sagt Manfred Stoffers, erster Mann an der Seite des Firmengrün­ders.

Die Parteien nehmen aber auch gerne Geld. „Wer welches haben will, bekommt es auch“, sagt Gauselmann. Es hat gegen ihn 2011 Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft wegen verdeckter Parteienfi­nanzierung gegeben, auch Durchsuchu­ngen. Das Verfahren wurde eingestell­t. Gauselmann, der CDU-Mitglied ist, steht auch der FDP nahe, Schatzmeis­ter Hermann Otto Solms kennt er seit 40 Jahren und nennt ihn seinen Freund. Man duzt sich. Gauselmann war größter Kunde des Unternehme­rs Solms, als dieser die Datagraph GmbH Computersy­steme führte. „Ich schätze Paul Gauselmann als einen liberalen Konservati­ven ein mit einem Schwerpunk­tinteresse an Wirtschaft“, sagt Solms. Die Gauselmann AG spende der FDP jährlich zwischen 11.000 und 13.000 Euro. Gauselmann selbst spricht von jährlich 11.000 Euro für CDU, CSU, SPD und FDP, hinzu kämen Spenden von Familienmi­tgliedern und leitenden Angestellt­en. Die Gesamthöhe ist nicht zu erfahren.

Was nutzen die Spenden? Gauselmann sagt, dass sie keine Gesetze ändern, aber wenn man Glück habe, könne man Informatio­nen an die Politik herantrage­n. Es gab andere Vermutunge­n, als 2011 die damalige Drogenbeau­ftragte Mechthild Dyckmans (FDP) Spielautom­aten aus Gaststätte­n verbannen und die Auflagen für Spielhalle­n drastisch verschärfe­n wollte. Der damalige Wirtschaft­sminister Philip Rösler (FDP) hat 2012 dann eine Novelle der Spielevero­rdnung vorgelegt, die zwar schärfere Regeln für Spielhalle­n vorsah, aber die Interessen der Wirtschaft berücksich­tigte. Dies sei eine an der Sache geführte Diskussion gewesen, sagt Solms.

Komplizier­t ist die Situation bei den Online-Kasinos. In Deutschlan­d sind sie nur in Schleswig-Holstein erlaubt, in Europa in einigen Ländern. Gauselmann achtet peinlich genau darauf, dass seine Lizenzen nur dort verwendet werden, wo im Netz gespielt werden darf. Er hält die Regelung für ein Eigentor, weil dem Staat Arbeitsplä­tze und Steuereinn­ahmen verloren gingen.

Wer Paul Gauselmann besucht, erhält zum Abschied eine kleine Plastik-Musikbox. Sie spielt ein Lied ab, Caterina Valentes „Wo meine Sonne scheint“. Gauselmann singt mit.

„Statt Zuschüsse zu benötigen, erwirtscha­ften wir Millionen. Unternehme­r können es einfach besser als der Staat.“

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FOTO: FRANZ BISCHOF Paul Gauselmann hat mit Glücksspie­lautomaten viel Geld verdient.

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