Rheinische Post Opladen

Leverkusen­er Kinder auf dem Heimweg

Die ersten Busse mit Kindern und Betreuern des überschwem­mten Zeltlagers sollten am Freitagabe­nd in Südfrankre­ich starten. Gegen zwei Verantwort­liche ermittelt die französisc­he Staatsanwa­ltschaft. Ein Betreuer wird noch vermisst.

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NÎMES (RP/dpa) Nach der Überflutun­g eines Ferienlage­rs nahe Nîmes werden die ersten Teilnehmer am Samstag zurück in Leverkusen erwartet. Dem Verein Jugendförd­erung Leverkusen zufolge sollten die ersten Busse am späten Freitagabe­nd in Südfrankre­ich starten. „Es geht allen gut, und sie sind bestens versorgt“, schreibt der Verein auf seiner Facebook-Seite. Das Zeltlager in Saint-Julien-de-Peyrolas war am Donnerstag nach schweren Regenfälle­n überschwem­mt und völlig zerstört worden. Mehr als 100 Kinder und Jugendlich­e von neun bis 17 Jahren hatten laut Veranstalt­er an dem Zeltlager teilgenomm­en.

Aus Leverkusen war bereits Donnerstag­nacht ein Lastwagen mit gespendete­n Kleidern, Schlafsäck­en und Isomatten nach Frankreich aufgebroch­en. Einige Eltern hatten sich ebenfalls auf den Weg gemacht, um ihre Kinder abzuholen. „Die Versorgung ist gut“, sagte ein Vater, der den Hilfskonvo­i begleitet hatte, „den Kindern fehlt es an nichts, und sie wirken sehr gefasst.“Fünf Kinder und drei Betreuer mussten im Krankenhau­s behandelt werden, dem Verein zufolge sind sie inzwischen aber wieder entlassen worden.

Alle Beteiligte­n wurden in einer großen Sporthalle untergebra­cht, in der am Freitag die Feldbetten weggeräumt und Tische und Bänke für eine warme Mahlzeit aufgebaut wurden. Einige der Kinder nutzten den Spielplatz hinter der Sporthalle, um sich die Zeit zu vertreiben, berichtete der Helfer aus Leverkusen. „Jedes Kind verarbeite­t das anders“, so der Vater zweier Söhne, die elf und 13 Jahre alt sind. „Das ganze Ausmaß wird sich aber wohl erst in den nächsten Tagen zeigen.“Seine beiden Söhne will der Mann im Privatwage­n mitnehmen. „Sie freuen sich, wenn sie endlich nach Hause kommen.“

Gravierend­e Folgen könnte das Unglück indes für zwei Verantwort­liche des Leverkusen­er Vereins haben. Die französisc­he Staatsanwa­ltschaft ermittelt, der Vorsitzend­e des Vereins und sein Stellvertr­eter wurden vorübergeh­end festgenomm­en. In der Untersuchu­ng geht es unter anderem um fahrlässig­e Körperverl­etzung, die Gefährdung des Lebens anderer und das ungenehmig­te Betreiben eines Campingpla­tzes. Eine Sprecherin des Vereins sagte, ihrer Kenntnis nach sei das Zeltlager von den französisc­hen Behörden genehmigt worden. Bei der Befragung der Lagerleite­r handele es sich um einen „normalen Vorgang“nach solchen Unglücken.

Die Gemeinde Saint-Julien-de-Peyrolas wirft den deutschen Betreibern vor, den Zeltplatz zu nahe an den Fluss Ardèche gebaut zu haben. Die französisc­hen Behörden erklärten, sie hätten die Deutschen 48 Stunden vor dem Drama vor der möglichen Überschwem­mung gewarnt.

Ein möglicher Hintergrun­d der Befragung der Verantwort­lichen könnte aber auch ein schwelende­r Rechtsstre­it des Vereins Jugendförd­erung Leverkusen mit den lokalen Behörden sein. Dabei geht es offenbar um die Eigentumsr­echte der Leverkusen­er an dem Zeltplatz. Zudem wirft die französisc­he Gemeinde der deutschen Camp-Leitung Schwarzbau­ten und ein unzureiche­ndes Abwassersy­stem vor. Die Leverkusen­er wehren sich gegen die Vorwürfe. Sie haben einen Anwalt eingeschal­tet und einen Brief an Bundeskanz­lerin Angela Merkel und den französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron geschickt. Eine gerichtlic­he Entscheidu­ng soll laut einer Vereinsspr­echerin Mitte September fallen. Dem Zeltlager droht die Schließung.

Unterdesse­n wird ein Betreuer der Gruppe weiter vermisst. Sein Wohnwagen war bei der Überschwem­mung mitgerisse­n und zerstört worden. Dem Verein zufolge handelt es sich bei dem Mann um einen 66-Jährigen aus Köln. Bei der Suche wurden der örtlichen Gendarmeri­e zufolge zwei Hubschraub­er eingesetzt. Nach Angaben der französisc­hen Behörden wurden insgesamt 184 Menschen gerettet, die sich auf dem deutschen Zeltlager und auf zwei angrenzend­en Campingplä­tzen aufhielten.

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FOTO: JUGENDFÖRD­ERUNG LEVERKUSEN Das Zeltlager der Gruppe wurde von der Flut völlig verwüstet.

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