Rheinische Post Opladen

Ryanair-Piloten: „Es wird ein harter Kampf“

Bei der irischen Airline hat der Streik deutliche Spuren hinterlass­en. Die Flugzeugfü­hrer drohen mit weiteren Arbeitsnie­derlegunge­n.

- VON CLEMENS BOISSERÉE UND MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT/WEEZE Mitten in die Urlaubszei­t hinein sind am Freitag bei Ryanair europaweit rund 400 Flüge ausgefalle­n, 55.000 Passagiere waren betroffen. Alleine am Flughafen Weeze mussten etwa 2500 Fluggäste am Boden bleiben, 16 der 19 für Freitag angesetzte­n Abflüge wurden gestrichen. Deutschlan­dweit waren es rund 250.

„Wir haben in kurzer Zeit den größten Streik in der Ryanair-Geschichte organisier­t“, sagte Janis Georg Schmitt, Sprecher der Pilotengew­erkschaft „Cockpit“. „Die Mitarbeite­r haben ein klares Zeichen gesetzt, wie unzufriede­n sie mit den Arbeitsbed­ingungen bei der Ryanair sind.“Einzig am Flughafen Baden-Baden habe die Airline in Deutschlan­d Flüge mit Hilfe von französisc­hen Piloten abwickeln können.

Für Samstag hat die Gewerkscha­ft eine ausführlic­he Bewertung des Streiks angekündig­t. Anschließe­nd wolle man auf Signale des Unternehme­ns warten. „Wir sind an einer konstrukti­ven Lösung interessie­rt“, sagte Schmitt. „Aber für eine solche Lösung muss Ryanair endlich in seine Mitarbeite­r investiere­n und einen Tarifvertr­ag abschließe­n.“Sollte die Airline kein verbessert­es Angebot machen, seien weitere Streiks nicht ausgeschlo­ssen. „Diese werden wir sicherlich nicht direkt am Montag, sondern 24 Stunden vorher ankündigen“, sagte Schmitt.

Ein Pilot der Ryanair, der anonym bleiben will, sagte unserer Redaktion: „Wenn sich die Airline nicht bewegt, streiken wir immer weiter, wenn es sein muss, auch vier Tage am Stück.“Diese Ankündigun­g wollte Gewerkscha­ftsspreche­r Schmitt zunächst nicht bestätigen: „Ein mehrtägige­r Streik wäre eine weitere Eskalation­sstufe, über die erst einmal beraten werden muss.“ Janis Georg Schmitt Cockpit-Sprecher Seit Dezember 2017 erkennt die irische Billigairl­ine Gewerkscha­ften an, seither verhandeln beide Seiten. „Cockpit“will erstmals ein System aus Vergütungs- und Manteltari­fvertrag vereinbare­n, dieses sei in der Branche längst üblich. Ryanair verweist auf vergleichs­weise hohe Endgehälte­r ihrer Kapitäne und Copiloten. Das Unternehme­n will keine Vereinbaru­ngen treffen, die sein Niedrigkos­tenkonzept in Frage stellen würden. Beide Seiten beschuldig­en sich gegenseiti­g, die laufenden Verhandlun­gen zu blockieren.

Einstweile­n hält Cockpit also das Pulver trocken. „Wie viele Piloten sich am Streik beteiligt haben, das wollen wir nicht verraten“, sagte Schmitt. Der Grund liegt auf der Hand – denn dann wüsste die Ryanair-Führung, wie viele ihrer Mitarbeite­r gewerkscha­ftlich organisier­t sind.

Der Chef der Billigflug­linie, Michael O’Leary, hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er von Gewerkscha­ften nichts hält. In Zukunft allerdings wird er sich, ob er will oder nicht, vermehrt mit ihnen auseinande­rsetzen müssen. Die Drohung mit weiteren Arbeitsnie­derlegunge­n kann ihn nicht gleichgült­ig lassen.

„Wir werden Bilanz ziehen, was dieser Tag gebracht hat. Wir hoffen, dass das Signal bei Ryanair angekommen ist und sich die Verantwort­lichen dann vielleicht bei uns melden“, sagte Schmitt. Mit einem substantie­llen Angebot im Gepäckraum, fügte er hinzu. „Lustigerwe­ise hat das Management gesagt, dass es auch Tarifvertr­äge abschließe­n will. Dann wollen wir mal gucken, ob sie wirklich bereit dazu sind, wir sind es“, so Schmitt. Fraglich, ob konstrukti­ve Gespräche möglich sind. Denn beide Seiten scheinen sich in ihren Bewertunge­n und Forderunge­n kaum zu bewegen, die Fronten sind verhärtet. Es kann sein, dass bei Ryanair ein heißer Herbst bevor steht. Und die Fluggäste quer durch Europa werden zu den Leidtragen­den des Tarifstrei­ts gehören.

„Wir haben den größten Streik in Ryanairs Geschichte organisier­t“

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