Rheinische Post Opladen

Streunerhu­nde aus dem Urlaub mitnehmen ist keine gute Lösung

Sonne, Strand und Streunerhu­nde: Gerade in südlichen Ländern gehört das oft zusammen und bereitet Urlaubern Gewissensb­isse. Füttern? Spenden? Die Tiere mit nach Deutschlan­d nehmen? Experten geben Tipps für den Umgang mit Streunern.

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Sie humpeln, betteln oder liegen abgemagert in der Sonne: Streuner gehören zum Bild vieler Urlaubsort­e. Gerade im Süden vermehren sich die Tiere rasant, denn sie werden kaum kastriert. „Wo Menschen Tiere herumlaufe­n lassen, ohne sich um ihre Vermehrung zu kümmern, wird es immer Straßenhun­de geben“, sagt Nina Taphorn, Tierheilpr­aktikerin und Buchautori­n.

Tatjana Fischer, Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins Arca, vermittelt viele Tiere aus Spanien. „Es wird den Spaniern einfach gemacht: Es gibt keine Strafen für das Aussetzen“, erklärt sie. Außerdem hätten Tiere nur einen geringen Stellenwer­t. Auch die Wirtschaft­skrise wirke sich aus: „Viele müssen ihre Häuser verkaufen und in Wohnungen ziehen, in denen Tiere nicht erlaubt sind. Aussetzen ist da die einfachste Lösung.“

Tierliebe Urlauber bekommen dann schnell Mitleid. Viele freunden sich mit einem struppigen Vierbeiner an und wollen ihn mitnehmen. Doch einfach eingepackt werden können die Hunde nicht. „Für den Transport müssen sie geimpft, gechipt, frei von Krankheite­n und in einem transportf­ähigen Zustand sein“, erklärt Taphorn. Die Tollwutimp­fung muss vor der Einreise 21 Tage zurücklieg­en und in einem Impfauswei­s eingetrage­n sein.

An einem Besuch beim Tierarzt kommt der Urlauber nicht vorbei, sagt Birgitt Thiesmann vom Tierschutz­verein Vier Pfoten. Er kann das Tier impfen, einen Mikrochip implantier­en und den EU-Pass ausstellen.

Der Deutsche Tierschutz­bund empfiehlt, den Import auf Einzelfäll­e zu beschränke­n. Entscheide man sich für die Adoption, sollte das nur über eine Organisati­on geschehen, die die Lage der Tiere vor Ort zu verbessern versucht, sagt Tierärztin Verena Mißler.

Ist der Verwaltung­saufwand geschafft, stehen die nächsten Probleme an. Laut Taphorn werden jährlich mehrere Hundertaus­end Hunde und Katzen nach Deutschlan­d gebracht. „Da kann sich jeder ausrechnen, dass es unmöglich so viele gute Plätze gibt.“Die Klimaverän­derung stellt die kleinste Sorge dar. Zahlreiche gerettete Hunde wechselten mehrmals den Besitzer, weil sie ihre Menschen überforder­ten.

„Streuner orientiere­n sich im Rudel aneinander“, erklärt Thiesmann. Sie sind nicht gewohnt, einem Menschen zu folgen. Vielfach sind sie verängstig­t, wenn sie aus ihrem Umfeld herausgeri­ssen werden. Taphorn ergänzt: „Ein Straßenhun­d lässt sich nicht immer sagen, dass sein Revier jetzt am Gartenzaun endet.“

Wer sich einen Hund herauspick­t, fördert womöglich kriminelle Banden. „Eine gut gemeinte Tat ist inzwischen lukratives Geschäft unter dem Deckmantel des Tierschutz­es geworden“, warnt Taphorn. Außerdem könnten auf diese Weise gefährlich­e Krankheite­n ins eigene Land geschleppt werden.

Ob Urlauber die Straßentie­re füttern sollten, darüber sind sich die Experten uneinig. Thiesmann warnt davor, damit die Fortpflanz­ung zu unterstütz­en, Fischer hält es für eine wichtige Quelle zum Überleben. Wenn überhaupt, sollten die Hunde Tierfutter bekommen und kein Hotelessen.

Taphorn plädiert dafür, Hunde nicht dorthin zu locken, wo sie unerwünsch­t sind. „Denn wenn Urlauber sich belästigt fühlen, wird der Hundefänge­r gerufen.“

Der Deutsche Tierschutz­bund rät davon ab, die Tiere zu füttern. „Sinnvoller ist es, sich mit dem örtlichen Tierschutz­verein in Verbindung zu setzen“, sagt Mißler. Dieser könnte die Population durch Kastrieren langfristi­g verkleiner­n und die Tiere in ihrem Revier an betreuten Futterstel­len versorgen.

Birgitt Thiesmann selbst hat einen Streunerhu­nd aus Belgrad über die Organisati­on Euro-Pas (Protection of Animals in Serbia) adoptiert. „Rudi wurde jedoch nur nach Deutschlan­d vermittelt, weil er vor ein Auto gelaufen war und nach der Operation nicht mehr freigelass­en werden konnte.“Ansonsten werden die Streunerhu­nde vor Ort kastriert und versorgt. Es mache keinen Sinn, die Tiere wahllos einzusamme­ln und nach Deutschlan­d zu bringen. Nicht mitnehmen, nicht füttern – wie können Urlauber vor Ort trotzdem helfen? Tierheilpr­aktikerin Nina Taphorn empfiehlt, an eine anerkannte deutsche Tierschutz­organisati­on zu spenden, die das Geld dann ins Ausland weiterleit­et.

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Wenn schon füttern, dann richtig: Wollen Urlauber Streunerhu­nden etwas Gutes tun, sollten sie ihnen Tierfutter geben – und keine Snacks.
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 ??  ?? Streunerhu­nde gehören in vielen südlichen Urlaubsreg­ionen zum Straßenbil­d. Oft werden die Tiere einfach ausgesetzt.
Streunerhu­nde gehören in vielen südlichen Urlaubsreg­ionen zum Straßenbil­d. Oft werden die Tiere einfach ausgesetzt.
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