Rheinische Post Opladen

CDU streitet über Umgang mit Linken

Schleswig-Holsteins Regierungs­chef Günther erntet viel Kritik, weil er Verständni­s für eine Koalition mit der Linken im Osten hat. Gregor Gysi findet die Entwicklun­g hingegen „bemerkensw­ert“.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Die Unterstütz­ung des schleswig-holsteinis­chen Ministerpr­äsidenten Daniel Günther (CDU) für mögliche Koalitione­n seiner Partei mit der Linken in Ostdeutsch­land ist in weiten Teilen der Union auf scharfen Widerstand gestoßen. Politiker der Linken hielten sich dagegen mit Reaktionen zurück. Der langjährig­e Fraktionsc­hef im Bundestag und jetzige Vorsitzend­e der europäisch­en Linken, Gregor Gysi, nannte die Entwicklun­g aber „bemerkensw­ert“. Bei der SPD, die inzwischen mit der Linken koaliere, habe das genau so begonnen, sagte er unserer Redaktion.

Günther hatte gesagt, in Ostdeutsch­land sei die Parteienla­ndschaft eben eine andere als im Westen. „Wenn Wahlergebn­isse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsf­ähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisc­h sein.“Mit vernünftig­en Menschen in der Linksparte­i könne man nach vernünftig­en Lösungen suchen.

CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die sich bereits im Frühjahr über den ersten Vorstoß des brandenbur­gischen Landesvors­itzenden Ingo Senftleben zu Gesprächen mit der Linken – und auch der AfD – geärgert hatte, twitterte: „Wir lehnen eine Zusammenar­beit mit Linken und AfD weiterhin klar ab. Es reicht nicht, wenn da der eine oder andere pragmatisc­he Kopf dabei ist.“Auch Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) ließ wissen, die Positionen von Christdemo­kraten und Linken seien „unvereinba­r“.

Rückenwind bekamen Senftleben und Günther von Mecklenbur­g-Vorpommern­s CDU-Chef Vincent Kokert. Die Aufregung über deren Äußerungen sei „ein wenig überzogen“, sagte er. Die Linke werde inzwischen von Menschen geprägt, die dem Land nicht schaden wollten. Die Welt sei in Bewegung geraten, man solle nicht ohne Not Gräben ziehen. Deswegen solle man miteinande­r reden. Kokert fügte hinzu: „In Mecklenbur­g-Vorpommern ist das übrigens gelebte Wirklichke­it: Das Verhältnis meiner Fraktionsk­ollegen zu den Abgeordnet­en der Fraktion Die Linke ist durchweg von gegenseiti­gem Respekt geprägt.“Politische Schnittmen­gen sehe er dennoch kaum.

Der Vorsitzend­e der Mittelstan­dsvereinig­ung von CDU/CSU, Carsten Linnemann, mahnte unterdesse­n: „Wir haben viele Stammwähle­r verloren, weil sie nicht mehr wussten, woran sie sind. Diese Entwicklun­g müssen wir jetzt umkehren. Absurde Koalitions­vorschläge helfen da nicht weiter. Im Gegenteil, sie sind kontraprod­uktiv.“Paul Ziemiak, Chef der Jungen Union, erklärte, es solle „niemals“eine Koalition der Union mit den Linken geben.

Senftleben sagte: „Ich strebe keine Koalition mit den Linken an. Die Bürger erwarten aber zu Recht, dass die Politik ein Wahlergebn­is annimmt und damit umgehen kann.“Im Osten hat die Linke den Status einer Volksparte­i und liegt in Umfragen meist an zweiter oder dritter Stelle – ähnlich wie die rechtsnati­onale AfD. Senftleben sagte: „Wir wollen anpacken und unser Land voranbring­en. Dafür brauchen wir in der Politik eine neue Debattenku­ltur, die nicht daraus bestehen kann, Gespräche auszuschli­eßen.“Leitartike­l, Politik

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