Zeltlager: Seelsorger betreuen Kinder
Nach den dramatischen Stunden in einem Zeltlager in Südfrankreich sind die Kinder wieder zu Hause. Ein erwachsener Betreuer wird weiter vermisst. Er wurde zuletzt gesehen, als Wasser den Zeltplatz überschwemmte.
LEVERKUSEN Gegen den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden der Jugendförderung St. Antonius aus Leverkusen werde nun wegen „schwerer fahrlässiger Körperverletzung durch die Gefährdung anderer“ermittelt, sagte Staatsanwalt Eric Maurel der Nachrichtenagentur AFP. Nach Angaben des Staatsanwalts ergaben die Ermittlungen, dass das Gelände des Ferienlagers in Saint-Julien-de-Peyrolas am Fluss Ardèche in einem überschwemmungsgefährdeten Gebiet lag und die Betreiber dies wussten.
Die beiden Verantwortlichen waren am Donnerstagabend in Polizeigewahrsam genommen worden. Inzwischen wurden sie aus dem Gewahrsam entlassen und stehen nach Maurels Angaben unter Justizaufsicht. Sie dürften sich in dem Département Gard nur noch für Termine
„Ich bin froh, dass alle wieder gesund hier sind und hoffe, dass sie jetzt zur Ruhe kommen“
Uwe Richrath Oberbürgermeister Leverkusen mit ihren Anwälten oder bei Gericht aufhalten. Innerhalb von 15 Tagen müssen sie zudem ihre Sachen vom Campingplatz abholen.
Die Kinder und Jugendlichen aus dem Zeltlager kamen nach Angaben der Organisatoren am Samstagabend wieder zu Hause in Leverkusen an. Mitarbeiterinnen des Fachbereichs Kinder und Jugend der Stadt Leverkusen waren anwesend, um darauf zu achten, dass die Kinder und Jugendlichen nur von ihren Familien oder autorisierten Personen abgeholt wurden. Unterstützt vom Security-Dienst von Bayer 04 wurden entsprechende Kontrollen bei der Ausfahrt vom Gelände vorgenommen.
Um kurz nach 18 Uhr trafen drei Busse an der BayArena in Leverkusen ein. Eltern klatschten, es flossen Tränen auf beiden Seiten. Zwei der Kinder mussten medizinisch versorgt werden. Sie kamen zur weiteren Beobachtung in eine Klinik.
Kaum hatten sich die Türen geöffnet, nahm eine Mutter ihren Sohn in den Arm und hob den Jungen in die Luft. Er klammerte sich fest. Gut vier Tage lang hatte die Familie auf diesen Moment gewartet. Und auch die Fahrt mit den insgesamt drei Reisebussen zog sich endlos in die Länge.
Nach langen Polizeikontrollen waren die Kinder und ein Teil der Betreuer gegen 0.20 Uhr aus Saint-Julien-de-Peyrolas nahe Avigon und Nimes in Richtung Deutschland abgefahren. Der Konvoi hatte eigentlich bereits am Samstagvormittag an der BayArena ankommen sollen. Ein langer Pannenstopp und Probleme die Lenkzeiten betreffend verzögerten die Ankunft jedoch bis 18.11 Uhr.
Über Facebook sowie auf der Homepage versorgte die Jugendförderung Sankt Antonius Leverkusen, die das Camp seit vielen Jahren anbietet, Eltern mit der aktuellen Ankunftszeit. Weit vor 17 Uhr befuhren Angehörige den von Zäunen und Sicherheitskräfte abgeschirmten Bereich zwischen der Arena und dem Trainingsplatz. Eine Namens- und Kontrollliste sorgte am Eingang dafür, dass nur jene Personen das Gelände betraten, die dazu berechtigt waren.
Die Stimmung wirkte gedrückt, die Mimik der Menschen in den eintreffenden Pkw schien insgesamt mehr besorgt, denn hoffnungsfroh zu sein. Stille bestimmte die Szenerie. Nur in kleinen Gruppen standen die Eltern an ihren Wagen. Sie sprachen leise. Um Beistand zu signalisieren hatte sich auch Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath unter die Angehörigen gemischt. Im Wind tanzte ein pinkfarbener, sternförmiger Luftballon. Die Hände hielten Blumen, bereit sie in Kinderund Jugendarme zu übergeben.
Als um 18.11 Uhr der erste Bus auf das Gelände fuhr, schoben einige der Kinder die Vorhänge beiseite und lugten hervor. Ein junges Mädchen filmte die Einfahrt mit ihrem Handy. Es wirkte fast so, als seien die Kinder und Jugendlichen sehr gefasst. Dennoch wurden die vier Seelsorger der Kirche und Feuerwehr rege in Anspruch genommen, berichtete eine Stadtsprecherin. Zwei Kinder wurden medizinisch versorgt und kamen zur weiteren Beobachtung in eine Klinik. Ein Kind ohne elterliche Begleitung erhielt Betreuung durch das Leverkusener Jugendamt.
Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath und Jugenddezernent Marc Adomat machten sich vor Ort ein Bild von der Lage. „Ich bin froh, dass alle wieder gesund hier sind und hoffe, dass sie zur Ruhe kommen und das Geschehene rasch verarbeiten können.
Wann die beiden Betreuer zurück nach Deutschland dürfen, ist nicht bekannt. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bedeutet in Frankreich, dass die Ermittler „schwerwiegende oder übereinstimmende Indizien“für ein Fehlverhalten sehen. Solche Verfahren können am Ende zu einem Strafprozess führen, die Justiz kann die Ermittlungen aber auch wieder einstellen. Laut Staatsanwalt Eric Maurel wussten die Deutschen demnach, dass das Gelände des Ferienlagers sich auf einem hochwassergefährdeten Gebiet befand. Der örtliche Bürgermeister soll mehrfach vor dieser Gefahr gewarnt haben. (mit dpa)