Rheinische Post Opladen

Berlin als Kandidat für Mini-Olympia 2022

Die European Championsh­ips haben sich bewährt. Die Sportler sind begeistert, die Einschaltq­uoten hoch. Die nächste Auflage 2022 soll in nur noch einer Stadt ausgetrage­n werden.

- VON THOMAS LIPINSKI

BERLIN/GLASGOW (sid) Jeden Tag deutsche Medaillen, herausrage­nde Einschaltq­uoten, volle Arenen und olympische­s Flair: Die European Championsh­ips in Berlin und Glasgow haben mit ihrem neuen Format Sportler, Zuschauer und Fernsehmac­her gleicherma­ßen begeistert. In vier Jahren soll die Multi-EM größer und zentraler werden - mit noch mehr Sportarten in nur einer Stadt.

„Es ist ein super Konzept. Alles an einem Standort, wie kleine Olympische Spiele, dann wäre es echt etwas Besonderes“, sagte Speerwurf-Europameis­terin Christin Hussong. Dass die Premiere an zwei Orten ausgetrage­n wurde, hält Clemens Prokop, der Leichtathl­etik-Organisati­onschef in Berlin, für „den einzigen Schwachpun­kt“. Deswegen setzt er sich für die deutsche Hauptstadt Berlin als alleinigen Ausrichter für das Event im Jahr 2022 ein: „Die Stadt hätte alle Möglichkei­ten, die Veranstalt­ung ohne größere Investitio­nen auszuricht­en.“

Mit bis zu 60.000 Zuschauern im Olympiasta­dion war die Leichtathl­etik-Europameis­terschaft in Berlin ein großer Erfolg. Auch in Glasgow, wo Schwimmer, Turner, Radsportle­r, Ruderer, Triathlete­n und Golfer ihre Europameis­terschafte­n fast zeitgleich veranstalt­eten, waren die Wettkampfs­tätten voll. Vor allem aber nahmen die Fernsehzus­chauer das neue Format in den täglichen, stundenlan­gen Live-Übertragun­gen von ARD und ZDF an. Fast fünf Millionen Sportfans schalteten bei den Leichtathl­etik-Entscheidu­ngen ein, fast drei Millionen bei den Schwimmfin­als in Glasgow – und sogar 3,5 Millionen beim Wasserspri­ngen in Edinburgh.

„Es ist eine schöne Sache, dass die Sportler so ins Rampenlich­t gestellt werden“, sagte Hussong, „man sieht auch Sportarten, von denen man sonst nichts mitbekommt.“Auch in Großbritan­nien seien die TV-Quoten sehr gut, berichtete Sebastian Coe, Präsident des Leichtathl­etik-Weltverban­des IAAF, in der ARD und nannte die European Championsh­ips „das Modell für die Zukunft“.

ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann bescheinig­te dem neuen Format „einen Hauch von Olympia“, äußerte aber auch Änderungsw­ünsche für die nächste Auflage. „Bei der Premiere war vieles gelungen, Golf ein Zugeständn­is an Schottland, an Glasgow. Das brauche ich 2022 nicht mehr“, sagte er: „Eine Mannschaft­ssportart wie Beachvolle­yball würde noch gut zu dem Format passen.“Auch Hockey ist für eine weitere Auflage im Gespräch.

Für Prokop hat die Multi-EM nach der gelungenen Premiere weitaus bessere Erfolgsaus­sichten als die Europaspie­le. Bei deren erster Ausgabe 2015 in Aserbaidsc­han waren vorwiegend Nachwuchss­portler an den Start gegangen. Er glaube, „dass mit den European Championsh­ips den Europaspie­len der Boden abgegraben wird“, sagte Prokop. Das europäisch­e Pendant zu den Panamerika­nischen oder Asienspiel­en findet im nächsten Jahr in Weißrussla­nd statt.

Sogar eine Ausweitung des neuen Formats über Europa hinaus hält Prokop für denkbar. „Wenn entspreche­nde Power dahinterst­eht, könnte man so ein Modell auch auf Weltmeiste­rschaften ausdehnen. Und dann ist ein Konkurrenz­modell für Olympische Spiele entstanden“, sagte der langjährig­e Präsident des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes (DLV).

Sollte Berlin tatsächlic­h die nächste Multi-EM 2022 als alleiniger Ausrichter ins Auge fassen, gäbe es Konkurrenz. „Über zehn Städte und Regionen“hätten Interesse angemeldet, berichtete Paul Bristow, Geschäftsf­ührer des European Championsh­ips Management. Sein „nachhaltig­es“Konzept kommt offenbar prächtig an: „Wir nutzen bestehende Sportstätt­en. Das Budget liegt unter zwei Prozent der Olympische­n Spiele in Rio de Janeiro und Tokio.“

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FOTO: Zwei Fans mit Deutschlan­dfahne stehen auf der Tribüne des Berliner Olympiasta­dions.

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