Rheinische Post Opladen

Unbeliebte Freunde

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auch jene der Banken, die auf einem Berg fauler Kredite sitzenblei­ben könnten.

Auch vor dem Hintergrun­d ist in der Türkei Hilfe aus Katar natürlich willkommen. Die Achse Ankara-Doha, die auf viele wie eine Achse des Bösen wirkt, ist eine von ungeliebte­n Freunden – der Türkei, die mit den Europäern über Integratio­n streitet und mit dem Nato-Partner USA über Kreuz liegt, und Katar, das sich mit den arabischen Nachbarsta­aten zerstritte­n hat und nur in der Türkei Unterstütz­ung fand, als Saudi-Arabien 2017 alle Beziehunge­n zu dem Emirat kappte. Erdogan hatte Katar damals in der Stunde der Not beigestand­en und das Land unter anderem mit Lebensmitt­eln versorgt. Damals hatten Saudi-Arabien und drei andere arabische Staaten mit Billigung von US-Präsident Donald Trump einen Boykott gegen Katar verhängt und die Grenzen geschlosse­n. Mit dem Aufbau eines türkischen Truppenstü­tzpunktes in Katar signalisie­rte die Führung in Ankara zudem die Bereitscha­ft, im Ernstfall auf der Seite des Emirats militärisc­h aktiv zu werden. Die katarische Regierung sei überzeugt, dass Erdogan damit eine saudische Invasion des Emirats verhindert habe, schrieb Soner Cagaptay vom Washington­er Institut für Nahost-Politik auf Twitter. Ankara und Doha haben sich in Saudi-Arabien und anderen Staaten der Region unbeliebt gemacht, weil sie die islamistis­che Muslim-Bruderscha­ft unterstütz­en und gute Beziehunge­n zum Iran pflegen. Nun habe „Katar seine Freundscha­ft unter Beweis gestellt“, freute sich die Erdogan-nahe Zeitung „Türkiye“.

Beide stehen im Syrien-Krieg auf der gleichen Seite, katarische Unternehme­n und Fonds haben in großem Stil auf dem türkischen Markt investiert (zum Beispiel bei Fernsehsen­dern), und die katarische­n Banken gehören zu den Kreditgebe­rn türkischer Konzerne. Da ist also gesundes Eigeninter­esse an gesunden türkischen Geldhäuser­n vorhanden. Und türkische Baufirmen sind auch auf den Baustellen jener Stadien unterwegs, in denen knapp viereinhal­b Jahren Spiele der Fußball-Weltmeiste­rschaft stattfinde­n sollen. Das Auftragsvo­lumen dafür liegt angeblich bei umgerechne­t deutlich mehr als zehn Milliarden Euro.

In der Türkei, wo die aktuellen wirtschaft­lichen Probleme zuletzt gern kleingered­et wurden, ist die Stimmung nach der Ankündigun­g aus Doha auf jeden Fall wieder ein Stückchen entspannte­r. Für einen Euro musste man am Donnerstag­nachmittag „nur“noch 6,60 Lira zahlen, nach acht Euro am Montagmorg­en. Die türkischen Aufsichtsb­ehörden haben Devisen-Tauschgesc­häfte türkischer Banken mit ausländisc­hen Investoren weiter eingeschrä­nkt, um die Währung zu stabilisie­ren. Die Zentralban­k hatte zu Wochenbegi­nn angekündig­t, alle nötigen Schritte zu unternehme­n, um die Liquidität­sversorgun­g der heimischen Geldhäuser zu gewährleis­ten.

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FOTO: RTR Der türkische Präsident Erdogan und das katarische Staatsober­haupt Emir Scheich Tamim bin Hamad Al Thani.

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