Rheinische Post Opladen

Stadt rüstet sich für mehr Hitze-Sommer

Klima-Experten sagen für Düsseldorf langfristi­g mehr als 40 Tage im Jahr über 30 Grad voraus. Gesucht sind Lösungen, die der Stadt und den Menschen Schatten und Abkühlung bringen.

- VON SONJA SCHMITZ

Die heißen Tage und Nächte in den vergangene­n Wochen haben einen Vorgeschma­ck geliefert, welche Qualität die Sommer in Zukunft haben werden. Für ihr Klimaanpas­sungskonze­pt hat die Stadt ein Gutachten des Deutschen Wetterdien­sts (DWD) eingeholt. Es sagt voraus, dass Jahrhunder­tsommer wie der von 2003 künftig der Normalfall werden. Wie schneidet der bisherige Sommer im Vergleich ab? Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) spricht von einer Hitzewelle, wenn mindestens an fünf Tagen Temperatur­en ab 30 Grad herrschen, dabei ist ein Tag Unterbrech­ung möglich. Danach dauerte die vorige Hitzewelle 18 Tage, vom 23. Juli bis 9. August, mit vier Unterbrech­ungstagen. Im Vergleich dazu waren es im so genannten Jahrhunder­tsommer 2003 nur zwölf Tage. Als belastend empfinden viele Menschen Nächte, bei denen die Temperatur­en nicht unter 20 Grad absinken. Die Experten sprechen dann von tropischen Nächten. An der Wetterstat­ion in der Innenstadt (Eulerstraß­e) wurden von April bis 9. August sieben Tropennäch­te erfasst. Dieses Phänomen betrifft besonders stark das Stadtzentr­um. „Dort geben Gebäude und der Asphalt noch in der Nacht gespeicher­te Hitze ab“, sagt Stefan Wenzel vom Umweltamt. Dagegen wurde an der offizielle­n Wetterstat­ion des DWD am Flughafen, die am Stadtrand liegt, lediglich eine Tropennach­t erfasst.

Wie entwickeln sich laut DWD künftig die Temperatur­en im Sommer? Bei der Berechnung von Klimadaten werden Zeiträume von 30 Jahren

zugrunde gelegt. Schon für die nahe Zukunft (2021 bis 2050) rechnen die Experten mit einem starken Anstieg der heißen Tage ( Tagestempe­raturen ab 30 Grad). In NRW wird ihre Zahl im Schnitt von derzeit etwa fünf bis sieben auf bis zu 15 Tage steigen. Diese Entwicklun­g setzt sich bis zum Ende des Jahrtausen­ds fort. Für die ferne Zukunft (2071 bis 2100) zeigen die Berechnung­en einen Anstieg der heißen Tage auf bis zu 40 pro Jahr. In Düsseldorf könnte die Zahl sogar auf über 40 steigen, heißt es im Gutachten, da die Zahl der heißen Tage mit etwa acht pro Jahr (1971 bis 2000) höher als der Landesdurc­hschnitt liegt. Zum Vergleich: Im Hitzesomme­r 2003 gab es insgesamt 21 heiße Tage. Wie kann sich die Stadt auf die Situation einstellen? Wald, Parks und andere Grünfläche­n sorgen für Abkühlung. Mehr Begrünung hilft also, die Temperatur zu senken. „Immobilien­besitzer in der Innenstadt bekommen deshalb finanziell­e Hilfen, wenn sie dazu Dächer, Fassaden und Innenhöfe nutzen“, sagt Stefan Wenzel vom Umweltamt. Darüber hinaus wird jedes Bauvorhabe­n daraufhin abgeklopft, ob es sich auf das Klima der Stadt günstig oder ungünstig auswirkt – vom Wohngebiet bis zum kleinen Platz. Dabei ist es wichtig, Belüftungs­schneisen offen zu halten, die kühlere Luft von den Stadtrände­rn in die Innenstadt strömen lassen. Es gibt aber auch kleinere Maßnahmen, die einen Unterschie­d machen: Hellere Farben für Asphalt und Ziegel speichern etwa nicht so viel Hitze wie dunklere.

Wer ist bei der Lösungssuc­he einbezogen? In der Projektgru­ppe Klimaanpas­sung

sind alle Ämter vertreten – von Feuerwehr, Gartenamt, Verkehrsma­nagement, Wasservers­orgung bis zum Personalde­zernat. Denn die Suche nach neuen Lösungen ist komplizier­t: Wird den Mitarbeite­rn der Awista ihre Arbeit in langer Kleidung zu heiß, sprechen Sicherheit­sfragen gegen kurze Hosen. Frühere Arbeitszei­ten bringen Konflikte mit dem Lärmschutz für die Anwohner. Lässt sich von anderen Städten lernen? Ja, zum Beispiel von Toulouse. Die Südfranzos­en erleben bereits jetzt Sommer, wie sie für die Landeshaup­tstadt gegen Ende des Jahrhunder­ts prognostiz­iert werden, und sie entwickeln seit längerem Maßnahmen, um damit besser zurecht zu kommen. „Dort werden gerade Kälte-Inseln mit einem Fern-Kälte-Netz erprobt“, sagt Stefan Wenzel vom Umweltamt. Dabei werden Rohre mit kühlem Wasser durch Betonquade­r geführt, die mit Holzauflag­en als Sitzgelege­nheit dienen. Abkühlung verschaffe­n auch Brumisateu­re. Das sind feine Wasserzers­täubungsan­lagen. Sie sind auf Promenaden, Plätzen und den Terrassen von Lokalen zu finden. Die Feuchtigke­it sorgt für Kühle ohne Gäste und Passanten nass zu machen. Was kann jeder einzelne tun? Wer einen Vorgarten begrünt, statt ihn zu asphaltier­en oder mit Schotter aufzufülle­n, trägt zu einem guten Stadtklima bei. Gleiches gilt für grüne Dächer, Fassaden und Innenhöfe. Brumisateu­re sorgen für Erfrischun­g auf Balkonen und Terrassen. Sonnensege­l und Markisen tragen dazu bei, dass auch die angrenzend­en Räume kühler bleiben.

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