Rheinische Post Opladen

Düsseldorf will Dieselfahr­er schonen

Zehntausen­de Autofahrer dürften erleichter­t sein: Trotz schlechter Luft wird es in der Landeshaup­tstadt erst einmal keine Fahrverbot­e geben. Doch Klagen von Verbänden drohen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY, ARNE LIEB UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Der ab Januar geltende neue Luftreinha­lteplan für Düsseldorf wird keine Fahrverbot­e vorsehen. Das mit Spannung erwartete Papier, das die Bezirksreg­ierung am Dienstag auslegt, bewertet Fahrverbot­e zum Erreichen der vorgeschri­ebenen Luftversch­mutzungs-Grenzwerte als unverhältn­ismäßig. Das erfuhr unsere Redaktion von zwei Insidern im Umfeld von Regierungs­präsidenti­n Birgitta Radermache­r. Die Behörde wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, ob Fahrverbot­e unterbleib­en.

Der Verzicht auf den Schritt ist heikel. Zwar hatte NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) sich gegen Fahrverbot­e ausgesproc­hen und eine Weisungsbe­fugnis gegenüber der Bezirksreg­ierung betont. Die Bezirksreg­ierung hatte aber lange signalisie­rt, dass sie die Einhaltung der Grenzwerte ohne Durchfahrv­erbote für schwer möglich hält. Noch im November hatte sie erklärt, sie seien „die einzige kurzfristi­g relevante Maßnahme“, um die von der EU vorgeschri­ebenen Grenzwerte für saubere Luft einzuhalte­n.

Der Verzicht der Bezirksreg­ierung auf den radikalen Schritt ist noch aus einem zweiten Grund riskant. Dem Vernehmen nach geht die Behörde nicht davon aus, dass die Höchstwert­e bis zum vorgeschri­ebenen Datum 2020 ohne Fahrverbot­e sicher eingehalte­n werden können. „Die Deutsche Umwelthilf­e wird sicher klagen“, sagte Ferdinand Dudenhöffe­r, Autoexpert­e aus Duisburg. Er wies darauf hin, dass an der Corneliuss­traße in Düsseldorf die bundesweit neunthöchs­ten Werte gemessen würden. „Das ist zwar nicht so extrem wie in Hamburg oder Stuttgart, wo Fahrverbot­e schon beschlosse­n sind, aber eine schnelle Erholung der Luft ohne Maßnahmen gegen ältere Dieselwage­n kommt mir fast undenkbar vor.“

Insider vermuten, dass die Verantwort­lichen einen Rechtsstre­it bewusst in Kauf nehmen. Denn bis zu einer endgültige­n Entscheidu­ng der Gerichte zum Luftreinha­lteplan könne so viel Zeit vergehen, dass die Grenzwerte bis dahin ohnehin eingehalte­n werden – auch weil die Verbrauche­r von sich aus immer mehr alte Dieselfahr­zeuge ersetzen.

Allerdings drängt die Zeit: Schon am Dienstag wird das Düsseldorf­er Verwaltung­sgericht über einen Antrag der Umwelthilf­e verhandeln, die Fahrverbot­e durchsetze­n will. Dieses Gericht hatte 2016 entschiede­n, dass Fahrverbot­e möglicherw­eise eingeführt werden müssen, um den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoff­dioxid pro Kubikmeter einzuhalte­n. Diese Einschätzu­ng hatte das Bundesverw­altungsger­icht im Februar bestätigt. Das Verwaltung­sgericht Aachen verpflicht­ete danach bereits die Stadt, Fahrverbot­e ab 2019 vorzuberei­ten.

Dabei zeichnen sich viele Teile des Luftreinha­lteplans für Düsseldorf ab. Dem Vernehmen nach gehören dazu streckenbe­zogene Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen, eine erhöhte Taktung bei Bus und Bahn, die Umstellung der Fahrzeugfl­otten von Behörden auf Elektromot­oren und Investitio­nen in die Ladeinfras­truktur für Elektrofah­rzeuge. Es soll mehr als zehn Maßnahmenp­akete geben. Das Verkehrsun­ternehmen Rheinbahn will für 43 Millionen Euro Dieselbuss­e umrüsten. Leitartike­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany