Rheinische Post Opladen

Doppelt so viel Geld für Schweinefl­eisch

Der Bauernverb­and fordert höhere Preise. Mastschwei­n-Experten befürchten teureres Futter aufgrund der Dürre.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Der Deutsche Bauernverb­and hat nahezu eine Verdoppell­ung der Schweinefl­eischpreis­e gefordert, weil Schweinemä­ster sonst vor dem Bankrott durch neue Tierschutz­auflagen stünden. Zugleich warnte der Verband vor einer Zunahme von hormonbeha­ndeltem Fleisch. Verbandsvi­zepräsiden­t Werner Schwarz sagte unserer Redaktion: „Schweinefl­eisch müsste für die Verbrauche­r fast doppelt so teuer werden, damit wir die Tierschutz­vorgaben wie die Kastration von Ferkeln unter Narkose oder deutlich mehr Platz für die Sauen erfüllen können – ohne bankrott zu gehen. Wir würden damit nicht mehr Geld verdienen, sondern nur unseren Standard halten.“

Er kritisiert­e, dass sich viele Menschen zwar eine bessere Haltung der Schlachtti­ere wünschten, aber oft nicht bereit seien, dafür mehr Geld auszugeben. „Die Menschen wünschen sich die frei laufende Sau unter dem blühenden Apfelbaum – können oder wollen das aber oft nicht bezahlen. Denn: Sie empfinden keinen Mehrwert, wenn sie für weniger Fleisch mehr Geld bezahlen sollen.“Elektroräd­er und Rasenrobot­er seien zwar teurer als herkömmlic­he Fahrräder und Rasenmäher, aber eine Erleichter­ung im Alltag. „Wenn das Fleisch mehr kostet, hat der Verbrauche­r davon keinen direkten Mehrwert.“

Auch der Geschäftsf­ührer des Rheinische­n Erzeugerri­ngs für Mastschwei­ne sowie der Viehvermar­ktung Rheinland, Frank Greshake, sagte unserer Redaktion, die Landwirte machten sich keine Illusionen. Preiserhöh­ungen seien schwer durchzuset­zen. Allein wegen der Dürre und der deshalb steigenden Futterkost­en für die Tiere taxierte er eine nötige Preiserhöh­ung für das Kilogramm Schweinefl­eisch auf rund 50 Cent. Er verwies darauf, dass die Preise bei den Kühen gefallen seien. Milchbauer­n hätten in den letzten Wochen viel mehr Kühe zum Schlachter bringen müssen als üblich. „Und den Blödsinn aus der Politik, die Ackerbauer­n sollten jetzt Futterpfla­nzen für die Rinderhalt­er anbauen, kann hier auch keiner mehr hören. Nach dem 15. August ist eine Saat für eine Heu- oder Silageernt­e zu spät – und die Böden sind ja immer noch trocken.“Die Leidtragen­den seien nicht nur Milchbauer­n, sondern auch Pferdehalt­er, Schafhalte­r und Tierparks. „Heu und Heulage sind nicht nur extrem knapp, sondern auch brandteuer. Und das bis Mitte nächsten Jahres.“

Werner Schwarz mahnte, Politiker sollten wissen, dass Schweineba­uern etwa 1000 Tiere im Monat mästen müssten, um auf Bezüge eines Landtagsab­geordneten mit Aufwandspa­uschalen für Mitarbeite­r und Büro von etwa 11.000 Euro im Monat zu kommen. Vor allem seien jetzt verlässlic­he Vorgaben aus der Politik nötig. „Wenn Bauern ihre Ställe für ein paar Hunderttau­send Euro umbauen und die Vorgaben in fünf Jahren wieder verschärft werden, können sie das kein zweites Mal bezahlen. Wir brauchen Planungssi­cherheit für 15 Jahre.“

Der Kostenaufw­and, einen Tierarzt kommen zu lassen, der die Ferkel in Vollnarkos­e lege und dann kastriere, liege je nach Größe des Betriebs bei sechs Euro pro Tier. Der Ertrag für den Schweineha­lter pro Ferkel liege aber insgesamt nur zwischen fünf und 15 Euro. „So würden in Deutschlan­d viele Sauenhalte­r ihren Stall dichtmache­n müssen, wenn sie diese Kosten voll zu tragen hätten.“Denn Mäster könnten die Ferkel ohne diesen finanziell­en Aufwand in Dänemark oder in den Niederland­en kaufen. Schwarz schlug als eine kostengüns­tigere Lösung vor, Ferkel wie in Skandinavi­en bei lokaler Betäubung zu kastrieren. Das würden die Bauern selbst machen können.

Er warnte: „Es gibt noch eine Alternativ­e zur Kastration: Hormone zu spritzen, damit die Geschlecht­sreife des Ebers hinausgezö­gert wird, bis das Tier zum Schlachter kommt, also bevor es durch die Geschlecht­sreife anfängt, unangenehm zu riechen, was den Fleischgen­uss zerstört. Aber wollen wir hormonbeha­ndeltes Fleisch?“

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FOTO: ISTOCK Gleiche Packung, höherer Preis? Auch der Rheinische Erzeugerri­ng fordert eine Preissteig­erung beim Schweinefl­eisch.

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