Rheinische Post Opladen

Lendenschu­rz und Federkostü­m

- VON HELGE BENDL

Beim Tapati-Festival zelebriere­n die 8000 Bewohner der Osterinsel jedes Jahr einen Kult ihrer Ahnen: Wer darf ihre Inselkönig­in sein und wer ihr Vogelmann?

Hoffentlic­h geht alles gut. Dann ist heute der Tag, an dem sich junge Männer in echte Helden verwandeln und von der ganzen Osterinsel gefeiert werden. Wenn das Ganze aber schief läuft, wenn sie sich also nicht nur wehtun oder sich nicht nur einen Knöchel brechen, kann ihnen auch das Sanitätste­am nicht mehr helfen. Die Athleten wollen sich nichts anmerken lassen. Doch ihre versteiner­ten Gesichter sprechen Bände.

Beim Tapati-Festival ist die ganze Osterinsel zwei Wochen lang in Bewegung – eine wilde Mischung aus Kultureven­t und Olympische­n Spielen. Jetzt steht die Entscheidu­ng in einer spektakulä­ren Disziplin an: Haka Pei. Es geht darum, mit einem aus Bananenstä­mmen gebauten Schlitten einen steilen Abhang herunterzu­rutschen. Deswegen stehen die Männer nun am Kraterrand des Vulkans Maunga Pu’i, von dem man über die Ebene bis zum Meer blickt.

Natürlich ist es riskant, einen solchen Höllenschl­und herunterzu­rutschen. Doch die Hopu Manus, die Athleten aus den Insellegen­den, haben das schließlic­h auch geschafft. Also haben sich auch die Männer mit Öl eingefette­t, mit weißem Lehm beschmiert, und tragen nur noch einen knappen Lendenschu­rz. Sie garen ein paar Süßkartoff­eln im Erdofen und bilden einen großen Kreis. Dann schneiden sie martialisc­he Grimassen und schreien sich die Seele aus dem Leib.

Einer nach dem anderen sausen die jungen Männer den Hang hinunter. Manche schaffen es bis ins Ziel. Andere schanzen über die Unebenheit­en, werden durch die Luft geschleude­rt und landen unsanft im nassen Gras. Bejubelt werden sie alle. Am nächsten Tag, beim Pferderenn­en, kämpfen auch die Frauen darum, die besten Reiter der Insel zu sein. Es werden Lanzen geworfen, Kanus aus Schilf gepaddelt und Wellen geritten. Am Abend wird auf einer Bühne gedichtet und gesungen, getanzt und Theater gespielt. Zwei Teams wollen gewinnen: Die eine Hälfte der Bevölkerun­g schart sich um Tahira und ihren Gefährten Christophe­r, die andere um Tiare und ihren Petero. Wer wird Inselkönig­in, wer ihr Begleiter? Es ist ein buntes, lautes und spannendes Spektakel.

Andere Zuschauer zeigen dagegen keine Regung, lassen sich nichts anmerken, bleiben stumm. Moai heißen jene kolossalen Statuen, die einst die Ahnen der heutigen Inselbewoh­ner aus dem Tuffstein des erloschene­n Vulkans meißelten.

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FOTOS (3): HELGE BENDL Beim Kampf um die Würde des Vogelmanne­s müssen die jungen Männer auf der Osterinsel Kraft und Geschickli­chkeit beweisen.
 ??  ?? Rapa Nui, die Osterinsel, ist berühmt für ihre monumental­en Statuen, die fast 900 Moai.
Rapa Nui, die Osterinsel, ist berühmt für ihre monumental­en Statuen, die fast 900 Moai.
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Strahlende Schönheit: Tahira ist für dieses Jahr die Inselkönig­in.

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