Raus aus der Metropole
Es muss nicht immer Düsseldorf oder Köln sein: Abseits der Ballungsgebiete sitzen viele Arbeitgeber, die qualifizierte Mitarbeiter suchen und um sie werben. Diese Unternehmen haben oft viel zu bieten – nicht nur eine schöne Aussicht.
Nach dem Uni-Abschluss zieht es viele beruflich in die Großstadt: Dort gibt es ein pulsierendes Nachtleben, gut ausgebauten Nahverkehr und Supermärkte, die bis 24 Uhr geöffnet haben. Gerade für junge Menschen attraktiv, „entweder weil sie von dort stammen oder über das Studium dort gelandet sind, oder weil sie es cool finden, in Hamburg, München, Paris oder Shanghai zu arbeiten“, sagt Clemens Weick, Personalberater aus TitiseeNeustadt im Schwarzwald.
Die Alternative ist ein Job in einem beschaulichen Ort mit sauberer Luft, wenig Nachbarn und dem Wald direkt vor der Tür. Bei der Jobsuche entscheiden sich vor allem junge Menschen oft für die erste Variante – dabei sitzen viele attraktive Arbeitgeber auch in ländlichen Regionen.
Die Unternehmen lassen sich besondere Angebote einfallen, damit sich ihre Mitarbeiter wohlfühlen. Das war nicht immer so: Unternehmen abseits der Metropolen hätten früher meist weniger für sich als Arbeitgeber geworben, erzählt Weick. Deshalb seien sie kaum auf dem Radar der Bewerber, obwohl es dort viele Jobchancen gebe.
Der Einstieg bei einem dieser Unternehmen lohnt sich nicht nur für Naturfreunde, die Wert auf die Nähe zu Wald, Bergen und Seen legen. Auch der eigene berufliche Werdegang kann profitieren – denn meist sind schnellere Karrieresprünge möglich: „Häufig ist es für angehende junge Führungskräfte außerhalb der Ballungsgebiete sehr viel einfacher, schnell eine erste Führungsposition zu bekommen und damit ein Sprungbrett für weiterreichende Verantwortung zu erhalten“, sagt Doris (bü) Zu früh auf dem Arbeitsweg Arbeitnehmer, die sich „zu früh“auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle begeben, weil sie vor Beginn ihrer Arbeit noch private Dinge erledigen wollen, können dadurch Nachteile erleiden. Passiert ihnen auf diesem Weg – auch wenn er genau auf derselben Strecke liegt, wie er normalerweise genommen worden wäre – ein Unfall, so handelt es sich nicht um einen Arbeits-Wegeunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung, hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden. Das kann Nachteile sowohl beim dadurch verpassten Verletztengeld als auch bei der Rente bringen (weil die Grenzbeträge hier höher liegen als bei „normalen“Unfällen). Hier wollte ein Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg noch zu einem Waschsalon fahren. Auf dem Weg dorthin verunglückte er und verletzte sich schwer. (LSG BadenWürttemberg, L 8 U 4324/16) Sozialplan für Schwerbehinderte Eine Sozialplanregelung, welche für schwerbehinderte Arbeitnehmer eine pauschale Abfindung vorsieht, während die Abfindungshöhe nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer in Abhängigkeit von Betriebszugehörigkeit, Entgelthöhe und Rentennähe berechnet wird, verstößt gegen das Stein-Dobrinski, Business Coach aus Großenseebach bei Erlangen. „Das gilt für die unterschiedlichsten Branchen.“
Um qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen, strengen sich die Unternehmen ihr zufolge teilweise sehr an: „Es gibt Arbeitgeber, die extra hauseigene Fitness-Center bauen und Kinderbetreuung anbieten. Und: Nicht nur der Masseur, sondern sogar der Friseur kommt regelmäßig ins Haus“, nennt Stein-Dobrinski Beispiele. So gleichen Unternehmen gezielt das aus, woran es in der ländlichen Umgebung fehlt, um Anreize für Bewerber zu schaffen. All das sind wichtige Aspekte bei der Berufsplanung – vor allem Verbot der Diskriminierung schwerbehinderter Menschen und ist deshalb unwirksam. Dies aber nur dann, wenn die Vorgabe dazu führt, dass die Abfindung für einen wesentlichen Teil der Gruppe der schwerbehinderten Arbeitnehmer geringer ausfällt als die der übrigen Arbeitnehmer mit gleicher Betriebszugehörigkeit und gleichem Alter bei gleicher Entgelthöhe. (LAG Köln, 12 Sa 692/13) Teilzeitgesetz für Piloten Das Landesarbeitsgericht BerlinBrandenburg hat einem Flugzeugpiloten Rückendeckung im Streit mit seiner Airline gegeben, die es ihm nicht gestatten wollte, sein Recht auf Teilzeitarbeit dadurch wahrzunehmen, dass er seine regelmäßige Arbeitsstundenzahl nicht kontinuierlich reduzierte, sondern nur einmal im Jahr einen Monat nicht im Cockpit sitzen wollte. Den Grund dafür setzte seine Familie, mit der er „am Stück“(unbezahlt) Ferien machen wollte. Die Richter sprachen ihm dieses Recht zu, weil das Luftfahrtunternehmen nicht plausibel erklären konnte, wieso dieser Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung organisatorisch nicht durchführbar sein solle, etwa im Notfall durch eine Umorganisation. (LAG Berlin-Brandenburg, 5 Sa 1745/16) für Mitarbeiter, die Wert auf Work-Life-Balance und eine gute Atmosphäre am Arbeitsplatz legen.
Wer in der ländlichen Gegend aufgewachsen ist, weiß die Vorteile oft zu schätzen. Kommt ein Bewerber aus einem anderen Teil der Republik, empfiehlt Stein-Dobrinski, sich nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch den potenziell neuen Wohnort sehr gut anzusehen. „Ich würde dazu raten, vor der endgültigen Entscheidung zumindest ein Wochenende in der Gegend zu verbringen. Nur so kann ich ein Gefühl dafür entwickeln, wie der neue Standort zu mir selbst und möglicherweise auch zu meiner Familie passt.“
TettnangObereisenbach in BadenWürttemberg könnte ein solcher Fall sein. Dort sitzt Vaude, ein Unternehmen, das Bergsportausrüstung produziert. Schwierigkeiten, gute Mitarbeiter zu finden, gibt es trotz der Lage nach Aussage von Geschäftsführerin Antje von Dewitz nicht: „Wir bekommen Doris Stein-Dobrinski Business Coach zahlreiche Bewerbungen, auch aus den Metropolen.“Neben der Nähe zum Bodensee bietet das Familienunternehmen unter anderem Kinderbetreuung, ein eigenes Kletterareal, eine Bio-Kantine sowie kostenlose Leih-Elektrobikes für den Weg zur Arbeit.
Naturverbundene Mitarbeiter mit einem Faible für Bergsport sehen den Firmenstandort direkt als Pluspunkt an: „Für sie ist es tatsächlich ein Anreiz, dass unser Firmensitz in Alpennähe liegt und in der nächsten Umgebung jede Menge Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten bietet.“
Auch Personalberater Weick hat die Erfahrung gemacht, dass viele Mitarbeiter Firmenstandorte abseits von Metropolen bevorzugen – oder sie schätzen lernen, sobald sie einige Zeit dort verbracht haben. „Sind die Mitarbeiter erst mal dort und schätzen sowohl das besondere Flair von Familienunternehmen und auch der Region, bleiben sie häufig lange dort und wechseln den Job eher innerhalb der Region.“
Und dabei zählen nicht nur günstigere Mieten: Häufig sind es mittelständische Familienunternehmen, die in ländlichen Gegenden sitzen. „Hier zählen neben Professionalität und Profitabilität häufig Werte wie Nachhaltigkeit, Wertschätzung und Loyalität“, so Weick.
Recht & Arbeit „Ich würde dazu raten, ein Wochenende in der Gegend zu verbringen“