Rheinische Post Opladen

Politik in der neuen Unordnung

- VON CHRISTOPH ZÖPEL

Der Abstieg der USA als Führungsna­tion erfordert eine veränderte Außenpolit­ik.

Carlo Masala, Professor für Internatio­nale Politik an der Universitä­t der Bundeswehr, konstatier­t eine „Weltunordn­ung“mit „globalen Krisen“aufgrund des „Versagens des Westens“. Der Versuch, die Welt zu verwestlic­hen, ist gescheiter­t. Ausgang einer so gescheiter­ten Ordnung war nach der Implosion der Sowjetunio­n die Vorstellun­g, der Westen und vor allem die USA, seine unipolare Führungsma­cht, könnten die Welt nach ihren Vorstellun­gen ordnen.

Tatsächlic­h aber gab es das Bestreben, nach maximaler Sicherheit und maximalem Wohlstand für die USA und ihre Verbündete­n. Es entstand ein „liberaler Imperialis­mus“, in Europa in weicher Form, in den USA in harter. Dort sahen Neokonserv­ative wie Liberale, etwa Außenminis­terin Hillary Clinton, den Einsatz militärisc­her Gewalt als legitimes Instrument an. Aber die „Illusionen des Westens“scheiterte­n: die der Demokratis­ierung wurde gegenüber stärkeren Staaten, China, auch Saudi Arabien, gar nicht erst versucht; die der militärisc­hen Interventi­onen waren erfolglos, in Afghanista­n, im Irak in Lybien.

Die Initiative­n schlugen aus mehreren Gründen fehl; die der Institutio­nalisierun­g globaler Politik scheiterte an der fehlenden Bereitscha­ft großer Mächte; die der Verrechtli­chung wurde schon nicht möglich, da die USA sich ihr entziehen. Der rhetorisch­e Verweis auf die Vorteilhaf­tigkeit amerikanis­cher Führung „diente lediglich dazu, die eigentlich­en Intentione­n ihres Handelns zu kaschieren“.

Eine solche Kaschierun­g lässt sich dem inzwischen gewählten Präsidente­n Trump kaum vorwerfen, eher ist ihm Ehrlichkei­t bezüglich wie auch immer begründbar­er US-amerikanis­cher Interessen zuzusprech­en. Das kann das Ende des amerikanis­chen Jahrhunder­ts beschleuni­gen. Mehre aufstreben­de Mächte, zunächst China und Russland, dann auch Indien, die EU oder Japan, agieren in der Welt-(Un)ordnung, auch wenn sie die militärisc­he Überlegenh­eit der USA bei weitem nicht erreichen.

Fehlende internatio­nale Ordnung bedeutet nicht notwendige­rweise Chaos, nur Unberechen­barkeit und Nichtplanb­arkeit. Es stellen sich neue Herausford­erungen wie Staatsverf­all, Re-nationalis­ierung, Migration, Digitalisi­erung. In der internatio­nalen Politik sind dazu zwischen „willigen und fähigen“Mächten Ad-hoc-Koalitione­n erforderli­ch, wobei „kluge Politik auch mit Diktatoren verhandeln“muss. Man kann die Welt nicht mehr in die „Kategorien von Gut und Böse“einteilen. Das empfiehlt Masala auch für die deutsche Außenpolit­ik.

 ??  ?? Carlo Masala: Weltunordn­ung. Die globalen Krisen und das Versagen des Westens. 2016, C.H. Beck. 192 S., 14,95 Euro
Carlo Masala: Weltunordn­ung. Die globalen Krisen und das Versagen des Westens. 2016, C.H. Beck. 192 S., 14,95 Euro

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