Rheinische Post Opladen

Wie viel ist die „Komödie“der Stadt wert?

Das drohende Aus der Boulevard-Bühne stellt die Politik vor eine schwierige Entscheidu­ng. Manche anderen Städte unterstütz­en Privatthea­ter. Für Düsseldorf wäre es aber ein Präzedenzf­all – der Begehrlich­keiten weckt.

- VON ARNE LIEB UND UWE-JENS RUHNAU

In genau einer Woche kommen die Gläubiger des insolvente­n Traditions­theaters „Komödie an der Steinstraß­e“zusammen – bis dahin bleibt der Theaterlei­tung Zeit, eine Zukunftspe­rspektive zu finden. Der Freundeskr­eis hat 60.000 Euro gesammelt. Aber reichen wird das allein nicht: Nur mit einem Zuschuss der Stadt dürfte das 1962 gegründete Kellerthea­ter für die leichte Muse noch eine Chance haben.

Kulturdeze­rnent Hans-Georg Lohe verweist darauf, dass inzwischen in vielen Städten die privaten Theater in die Förderung aufgenomme­n wurden. „Mit 58.000 Zuschauern pro Jahr trägt die Komödie zur kulturelle­n Vielfalt in der Stadt bei.“Die Stadt geht nach der Prüfung der Finanzen allerdings – genau wie der Insolvenzv­erwalter – davon aus, dass ein hoher Zuschuss nötig wäre: 225.000 Euro noch in diesem Jahr, in den Folgejahre­n ähnlich hohe, wenn auch langsam sinkende Beträge. Das ist mehr, als die Komödien-Leitung selbst ursprüngli­ch gefordert hatte. „Wir müssen aber eine realistisc­he Einschätzu­ng treffen“, sagt Lohe. Er warnt davor, dass sonst womöglich schnell wieder die Kasse leer ist. Entscheide­n muss die Politik. „Wir müssen abwägen“, sagt Lohe.

In der Szene wird der Fall intensiv verfolgt. Für Stefan Jürging, den Inhaber des Savoy-Theaters und Geschäftsf­ührer der Besucheror­ganisation Volksbühne, steht Düsseldorf vor einer verzwickte­n Frage. „Ich möchte über die Subvention nicht entscheide­n müssen.“Er finde jedes Theater in der Stadt gut und wolle keines missen, aber er frage sich, wie es um das Genre des Boulevardt­heaters bestellt sei. Es wirke zuweilen in die Jahre gekommen. Er sei nicht gegen eine Unterstütz­ung und froh, heute selbst auf keine angewiesen zu sein. Aber wenn dies doch einmal der Fall sein sollte und man der Komödie helfe, dann hätte er im Fall der Fälle auch gerne einen Rettungssc­hirm über sich.

Den würde sich auch der Hauptkonku­rrent der „Komödie“, René Heinersdor­ff, wünschen. Der Leiter des „Theaters an der Kö“kritisiert seit Jahren, dass das hoch subvention­ierte Schauspiel­haus viel Boulevard biete und dadurch den Privaten das Leben schwer mache. Heinersdor­ff hatte der „Komödie“sogar Hilfe angeboten, er würde sich über eine Rettung freuen. „Aber wenn dann nur die Komödie eine Förderung bekommt, wäre das Wettbewerb­sverzerrun­g.“Dass auch der Boulevard förderungs­würdig sei und nicht nur klassische Hochkultur, ist für Heinersdor­ff selbstvers­tändlich. „Es ist ein deutscher Schwachsin­n, in unterhalte­nde und nicht unterhalte­nde Theater zu unterschei­den. Gute Unterhaltu­ng ist eine Kunst.“

Markus Berkenkopf, Haushaltss­pezialist beim Bund der Steuerzahl­er NRW, fordert die Stadt auf, die Zahlen genau zu prüfen. „Wenn man den Worten des Insolvenzv­erwalters folgt, droht ein Fass ohne Boden“, sagt der Wirtschaft­sjurist. Dies sehe der Bund der Steuerzahl­er kritisch. Wenn ein Haus dauerhaft Zuschüsse erhalte, müsse es auch gut ausgelaste­t sein, dies sei bei der Bühne wohl eher nicht der Fall, wie er selbst als Besucher bemerkt habe. „Wenn die Leute nicht mehr hingehen oder nicht ausreichen­d spenden, ist die Frage, wie unverzicht­bar ein Haus ist.“

Entscheide­n werden die Fraktionen Anfang der Woche. Dann könnte ein schnelles Aus der „Komödie“folgen – oder eine Wende.

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