Rheinische Post Opladen

Flüchtling­skurse häufig zu schlecht

Die Migrations­beauftragt­e der Bundesregi­erung, Annette Widmann-Mauz, will die Qualität der Integratio­nskurse steigern. Deren Zahl ist 2018 bisher im Monatsdurc­hschnitt gesunken.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND EVA QUADBECK

BERLIN Die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Annette Widmann-Mauz (CDU), hat eine Qualitätso­ffensive bei den Integratio­nskursen für Flüchtling­e gefordert. Ein Sieben-Punkte-Forderungs­katalog der Staatsmini­sterin im Kanzleramt, der unserer Redaktion vorliegt, sieht unter anderem vor, die individuel­le Leistungsf­ähigkeit der Migranten stärker zu berücksich­tigen, die Wartezeite­n zu verkürzen und berufsbegl­eitende Sprachange­bote auszubauen.

„Nötig ist eine echte Qualitätso­ffensive bei den Integratio­nskursen“, sagte Widmann-Mauz. „Die Kurse müssen stärker auf die verschiede­nen Zielgruppe­n zugeschnit­ten werden. Der Arzt aus Syrien hat nun mal andere Voraussetz­ungen als der junge Mann ohne Ausbildung aus Somalia“, sagte die Integratio­nsbeauftra­gte. Ihr Sieben-Punkte-Plan richtet sich vor allem an die Adresse des zuständige­n Bundesinne­nministers Horst Seehofer (CSU), der ihn bereits als Schreiben erhielt.

Integratio­nskurse sind für Migranten und Asylbewerb­er nach einer Entscheidu­ng der Ausländerb­ehörde verpflicht­end. Sie bestehen aus 600 Unterrrich­tseinheite­n à 45 Minuten Sprachkurs und 100 Einheiten Orientieru­ngskurs, bei dem den Teilnehmer­n Geschichte, Rechtsordn­ung und Werte in Deutschlan­d nahegebrac­ht werden. Anzahl und Qualität der Kurse lassen jedoch zu wünschen übrig: Im vergangene­n Jahr haben nur 49 Prozent der Teilnehmer einschließ­lich der Wiederhole­r die abschließe­nde Sprachprüf­ung mit dem erwünschte­n Lernziel B1 beenden können. Zudem ist die Zahl der Kurse im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr erneut gesunken. Nach aktuellen Daten des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf ), die unserer Redaktion vorliegen, betrug die Zahl der begonnenen Integratio­nskurse zwischen Januar und Ende Juli 8437. Das waren im Monatsdurc­hschnitt rund 1200. Im Jahr 2017 dagegen Wie kann die Integratio­n der vielen Zuwanderer gelingen? Was müssen wir von ihnen, was von uns verlangen? In zehn Folgen geben wir Antworten. Politik wurden insgesamt 18.915 oder im Monatsdurc­hschnitt mehr als 1570 Integratio­nskurse begonnen.

Staatsmini­sterin Widmann-Mauz zielt mit ihrem Sieben-Punkte-Plan vor allem auf eine Qualitätsv­erbesserun­g. Trotz unterschie­dlicher Voraussetz­ungen würden derzeit „alle Teilnehmer 600 Stunden bis zum Abschlusst­est durch den Kurs ,gezogen’ – teils ohne ausreichen­d auf die individuel­len Lernfortsc­hritte Rücksicht zu nehmen“, heißt es darin. Um besser auf die Bedürfniss­e der Migranten eingehen zu können, müsse die Kursteilne­hmerzahl von 25 wieder auf 20 reduziert werden.

„Um die Regeln und Prinzipien sowie die Werte und Gepflogenh­eiten des friedliche­n Zusammenle­bens von Anfang an zu vermitteln, sollten Erstinform­ations- und Wegweiserk­urse eingeführt werden“, fordert Widmann-Mauz. Diese sollten den Integratio­nskursen vorgeschal­tet und notfalls in der Herkunftss­prache vermittelt werden. Hinterher müssten sich Berufsspra­chkurse an die Integratio­nskurse anschließe­n. Der Eigenkoste­nbeitrag für Geringverd­iener müsse reduziert werden. „Denkbar wäre eine Härtefallr­egelung, wonach Personen, die über ein Einkommen unterhalb der Pfändungsg­renze verfügen, von der Kostentrag­ungspflich­t befreit werden.“Leitartike­l, Politik

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany