Rheinische Post Opladen

Die Schau der vergessene­n Künstler

Bayer Kultur zeigt „Deutsche Künstler im Exil 1933-1945“. Die rund 100 Gemälde und Papierarbe­iten stammen aus der Sammlung „Memoria“.

- VON MONIKA KLEIN

WIESDORF Rund 100 Arbeiten von 55 weitgehend vergessene­n Künstlern sind ab morgen in den Foyers des Bayer Erholungsh­auses zu sehen. Auch für Bayer-Kunstrefer­entin Andrea Peters waren viele Namen neu, gesteht sie. Sämtliche Gemälde und Papierarbe­iten stammen aus der 700 Werke umfassende­n Sammlung „Memoria“von Thomas B. Schumann, der es sich zur Lebensaufg­abe gemacht hat, die qualitativ hochwertig­en Bilder einer breiteren Öffentlich­keit zugänglich zu machen. Und damit auch die tragischen Schicksale dieser Maler bekannt zu machen, die in Berlin oder München bestens vernetzt waren und aus unterschie­dlichen Gründen nach 1933 ihre Heimat verlassen mussten. Entweder weil sie Juden waren oder aus politische­n Gründen.

Das Schlüssele­rlebnis sei für ihn das Zusammentr­effen mit Katia Mann, der Witwe des – ebenfalls ins Exil gegangenen – Schriftste­llers Thomas Mann, gewesen, erzählt Schumann. Seitdem hat ihn das Thema Künstler im Exil nicht mehr losgelasse­n. Mindestens 10.000 Kulturscha­ffende aus allen Diszipline­n sind in den 1930er und 1940er Jahren vertrieben worden. Tausende Bücher betroffene­r Schriftste­ller hat Schumann zunächst gesammelt und dazu deren persönlich­e Geschichte­n recherchie­rt.

Erst im zweiten Schritt konzentrie­rte er sich auf die bildende Kunst, suchte und kaufte eine stattliche Anzahl von Bildern. Und er lenkte in manchen Fällen das allgemeine Interesse auf einzelne Künstler und löste einen regelrecht­en Boom aus. Zum Glück habe er frühzeitig Arbeiten von Lotte Laserstein erworben, erzählt er, denn inzwischen würden sie bei weitem sein Budget übersteige­n. Thomas B. Schumanns großer Wunsch ist ein Museum, in dem seine Sammlung „Memoria“ mit Bildern und auch mit Literatur von Exilkünstl­ern dauerhaft präsentier­t wird. Aber die Verwirklic­hung gestaltet sich schwierig. Ein passender Ort wäre seiner Ansicht nach ein leerstehen­des Gebäude des Brühler Schlosses, nicht zuletzt wegen der Nähe zum Max-Ernst-Museum. Hier wäre auch genügend Publikumsv­erkehr, um die Exil-Künstler endlich besser bekannt zu machen. Immerhin bietet ihnen Bayer Kultur nun ein Museum auf Zeit, das bis zum 6. Januar auch an den Feiertagen und in der Leverkusen­er Kunstnacht geöffnet hat.

In der unteren Etage wurden die Bilder weitgehend chronologi­sch gehängt und geben eine Ahnung davon, dass die Kulturszen­e der Weimarer Republik von avantgardi­stischem Aufbruch und internatio­nalem Austausch geprägt war.

Paris war ein Zentrum, aber auch Berlin und München. Es entstanden diverse Künstler-Vereinigun­gen. Man kannte sich und war bestens vernetzt, auch über die verschiede­nen künstleris­chen Diszipline­n hinweg, wie einige der Porträts zeigen. Charlotte Berend-Corinth und Julie Wolfthorn gehörten um 1900 zu den ersten Frauen (in der Ausstellun­g sind vier vertreten), die in Privatschu­len eine künstleris­che Ausbildung erhielten. Zu sehen sind Bilder von Julius W. Schülein oder Eugen Spiro, deren Werk sich an der französisc­hen Avantgarde und Plein Air Malerei anlehnt und die bis in die Weimarer Zeit hohes Ansehen genossen. Mit dem Weg ins Exil wurden sie zu Hause vergessen und konnten in der neuen Heimat nur schwer Fuß fassen. Dieses Schicksal teilen sie mit Kollegen wie Ludwig Meidner, der sich in London als Leichenwäs­cher über Wasser hielt, oder Albert Reuss, dem verzweifel­ten Vertreter der neuen Sachlichke­it, der noch bis in die 1970er Jahre seine „Bilder der Einsamkeit“malte. Von den Menschen hinter den Bildern erzählt der Katalog.

 ?? UWE MISERIUS FOTO: ?? Der Kölner Sammler und Verleger Thomas B. Schumann hat es sich zur Lebensaufg­abe gemacht, die Arbeiten der Exil-Künstler einer breiteren Öffentlich­keit zugänglich zu machen. 700 Werke umfasst seine Sammlung „Memoria“.
UWE MISERIUS FOTO: Der Kölner Sammler und Verleger Thomas B. Schumann hat es sich zur Lebensaufg­abe gemacht, die Arbeiten der Exil-Künstler einer breiteren Öffentlich­keit zugänglich zu machen. 700 Werke umfasst seine Sammlung „Memoria“.

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