Mit der Eisenbahn „Von Lennep bis ins Oberbergische“
OPLADEN Die Menschen in Wipperfürth wären vermutlich froh, wenn sie in eine S-Bahn steigen könnten, mit der sie direkt nach Köln zum Einkaufen oder Museumsbesuch fahren könnten. So ganz abwegig ist der Gedanke nicht, denn es hat tatsächlich Pläne für eine Eisenbahnlinie vom Sauerland über Bergisch Gladbach bis nach Köln gegeben.
Die Domstadt schrieb sich damals allerdings noch Cöln, und Mülheim war noch selbstständig. Auf einer Streckennetz-Karte der Eisenbahndirektion Elberfeld von 1916 hat Kurt Kaiß diese vorgesehene Schienenführung als gestrichelte Linie entdeckt. Das hat den akribischen Eisenbahn-Historiker auf den Plan gerufen.
In seinem neuen Buch „Von Lennep bis ins Oberbergische“, das als Band acht der Reihe „Rheinisch-Bergische Eisenbahngeschichte“erschienen ist (20 Euro), erklärt er unter anderem, warum es nicht zur Ausführung der Streckenführung gekommen ist, obwohl diese doch gleich eine ganze Reihe von Industriebetrieben am Wegrand angeschlossen hätte.
Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges stoppte die Aktivitäten, erklärte Kaiß nun bei der Buchvorstellung in der Opladener Villa Römer. Dorthin waren vor allem Eisenbahnfreunde gekommen, wie man den präzisen Nachfragen zu einigen Details entnehmen konnte.
Anfang des 20. Jahrhunderts waren bereits Gelder für die neue Verbindung bewilligt worden, man hatte mit den Vorarbeiten begonnen, und vermutlich waren schon erste Spatenstiche erfolgt, schätzt Kurt Kaiß, der sich für dieses und weitere Themen durch zahlreiche Archive gearbeitet hat. Rund drei Jahre hat es bis zur Druckreife des Buches gedauert, an dem auch die Mitautoren Thomas Kugel und Michael Peplies beteiligt sind.
Nach dem Krieg, so erzählt der Eisenbahn-Kenner weiter, sollte der Bahnbau wieder aufgenommen werden. Doch dann kam in den 1920er-Jahren die Inflation dazwischen, die jegliche Kostenplanung unmöglich machte. 1924 seien schon Busse und LKW gefahren und, so meint der Autor: „Danach war die Blütezeit der Eisenbahn eigentlich schon vorbei.“
Jedenfalls, was den Neubau von Strecken anging. Viele Veränderungen, die er in seinem Buch behandelt und mit vielen historischen Fotos belegt, gab es nicht nur auf der Schiene in Form neuer Loks und Triebwagen, sondern auch an den Bahnhöfen. Beschädigungen durch Bombardements im Zweiten Weltkrieg, Baufälligkeit oder größerer Platzbedarf machten Restaurierungen und Neubauten erforderlich.
Besonders in den 1960er Jahren wurden viele Bahnhöfe gebaut, beziehungsweise im Zeitgeschmack modernisiert. Und leider sind auch einige schmucke historische Bauwerke verschwunden, die glücklicherweise immerhin noch auf Fotografien und Postkarten überdauert haben. Seitdem sind im Berichtsraum auch Strecken stillgelegt worden, von denen einige aber – wie die Balkantrasse – inzwischen bestens zur Fahrradtrasse ausgebaut wurden. Nach dem Motto „Wir machen Eisenbahngeschichte lebendig“spiegelt das Buch neben Bahn-Historie auch viel Zeitgeschichte unter sozialen, wirtschaftlichen und politischen Aspekten.
Eine weitere Veröffentlichung hat Kurt Kaiß noch in Arbeit. Vermutlich im nächsten Frühjahr wird das fünfte Büchlein der Reihe „Zwischenhalt“erscheinen. Nach den Ausgaben Bahnhof Opladen, Bahnbetriebswerk Solingen-Ohligs, Eisenbahn in Leichlingen und Blumenberg behandelt das neue Heft mit etwa 25 Seiten zum Preis von 5,50 Euro „Die Kleinbahn Opladen-Lützenkirchen“.