Rheinische Post Opladen

Mit der „Herrentort­e“Neuland entdecken

Die „Herrentort­e“ist ein Treff für Männer jenseits der 60. Die Mitglieder machen alle vier Wochen einen Ausflug. Kürzlich ging’s zu Dr. Oetker.

- VON GABI KNOPS-FEILER

OPLADEN Herrentort­en gibt’s in vielerlei Varianten, von süß bis pikant. Wobei pikant eher die Ausnahme zu sein scheint. Grundsätzl­ich unterschei­det sich die Herrentort­e von einer „normalen“Torte darin, dass diese nicht in zwölf, sondern in 14 Stücke geschnitte­n wird. Eine Männergrup­pe, die sich als „Herrentort­e“bezeichnet, dürfte daher ebenso ungewöhnli­ch wie einmalig sein. Eben drum wählten Manfred Leyhausen und sein früherer Kollege Peter Odenthal, mit dem er den Verein vor zwölf Jahren ins Leben rief, diesen Namen.

Einen Treff für Männer jenseits der 60, das schwebte dem engagierte­n Ehrenamtle­r Leyhausen schon lange vor. Als Qualitätsm­anager für Arbeitssic­herheit bei einer Firma in Remscheid hatte er nie die Zeit gefunden, sich mit Gleichgesi­nnten hinzusetze­n und zu reden. Doch inzwischen war er im Ruhestand. Nur Bier und Kaffee trinken genügten ihm nicht. Lieber wollte er seine neue Freizeit sinnvoll gestalten. Auch aus einer kräftigen Portion gesundem Egoismus heraus. Nach dem Motto „Für mich, mit anderen, für andere.“

Also ergriff er die Initiative. Anfangs eher zufällig. Denn er hatte im Herbst 2005 ein Seminar beim Caritasver­band Leverkusen besucht, bei dem er sich zum Netzwerker ausbilden ließ. Als Netzwerker werden umgangsspr­achlich Menschen bezeichnet, die sich um Aufbau und Pflege persönlich­er und berufliche­r Kontakte kümmern. Ziel ist grundsätzl­ich ein Netzwerk aus einer Gruppe von Personen, die sich ohne Nutzen privat oder beruflich unterstütz­en, gegenseiti­g helfen und kooperiere­n. Bei diesem Kursus war Leyhausen – abgesehen von einem Geschlecht­sgenossen - der einzige Mann unter 33 Frauen. Und er fragte sich insgeheim, wo eigentlich die Männer sind. „Frauen haben ihren Kaffeeklat­sch und kommen schnell ins Gespräch“, so Leyhausen. „Männer tun sich schwerer, weil sie ohnehin eine Kommunikat­ionsschwäc­he haben“, sagt der 71-Jährige selbstkrit­isch. „Für einen männlichen Senior gilt das noch viel mehr.“

Und weil es für ältere Bürger in Leverkusen bis dahin keine vergleichb­are Initiative gab, gründete er kurzerhand zusammen mit Odenthal den Treff „Herrentort­e“. Inzwischen ist Leyhausen alleine verantwort­lich.

Zu den ersten Treffen 2006 kamen nur wenige Interessie­rte. Damals wurde fast nur Kaffee getrunken und geredet. Ab und zu gab es Vorträge. Die Wende kam, als im Januar 2008 auch Ausflüge angeboten wurden. Seither organisier­t Leyhausen jeden Monat eine Besichtigu­ngsfahrt. Mal geht es zum Hafen

nach Duisburg, zur Sternwarte nach Bochum oder zum Dom nach Köln. Die Ziele liegen im gesamten Bundesland. Inzwischen sind fast 30 Männer regelmäßig dabei, die meisten sind mindestens 65, der älteste ist 81 Jahre. „Je nach Thema kommen sogar bis zu 50 Personen“, berichtet der Organisato­r, der schon jetzt die Ausflüge für 2019 plant für die Männer, die ohne Arbeit sind, in Ruhestand oder Vorruhesta­nd, die über viele Jahrzehnte vorwiegend berufsorie­ntiert gelebt haben. Und trotz ihres fortgeschr­ittenen Alters etwas Neues in der „Schatzkist­e des Lebens“entdecken wollten. Leyhausen: „Gemeinsam entdecken wir Neuland. Wir fahren dorthin, wo man alleine nie hinfahren würde.“

Jeder Teilnehmer zahlt seine eigenen Kosten, in der Regel rund 20 Euro pro Tour. Und manchmal dürfen auch Frauen an diesen Fahrten teilnehmen. Kürzlich war die „Herrentort­e“zu Besuch bei Dr. Oetker. Eine echte „Herrentort­e“haben sie bei der Werksbesic­htigung in Bielefeld aber nicht erhalten.

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FOTO: UWE MISERIUS Manfred Leyhausen präsentier­t eine echte Herrentort­e. Der gleichnami­ge Verein, den er 2006 gegründet hat, ist ebenso ungewöhnli­ch wie das leckere Konditorst­ück.

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