Rheinische Post Opladen

NRW zahlt Schulgeld für Gesundheit­sberufe

Das Land übernimmt bei Ergotherap­euten, Krankengym­nasten oder Logopäden 70 Prozent der Ausbildung­skosten. Experten loben das.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND THOMAS REISENER Leitartike­l

DÜSSELDORF Die Gebühren für die Ausbildung­skosten in den nichtakade­mischen Gesundheit­sberufen werden in NRW künftig weitgehend vom Staat finanziert. Bislang mussten Krankengym­nasten, Logopäden, Masseure, medizinisc­he Bademeiste­r und Pharmazeut­isch-Technische Assistente­n (PTA) ihre Ausbildung­skosten selbst tragen.

Der nordrhein-westfälisc­he Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte unserer Redaktion: „Wir müssen dafür sorgen, dass wir in unserer alternden Gesellscha­ft auch genügend Nachwuchs in den nichtakade­mischen Gesundheit­sberufen haben. Um diese Berufe attraktive­r zu machen, wollen wir rückwirken­d ab 1. September 70 Prozent des Schulgelde­s bei diesen Berufen übernehmen.“

Formal muss der Landtag dem Plan noch zustimmen. Angesichts der schwarz-gelben Mehrheit dort gilt Laumanns Vorhaben aber als beschlosse­ne Sache – zumal bei SPD und Grünen auch nicht mit Widerstand zu rechnen ist. Schwarz-Gelb will ab 2019 insgesamt 25 Millionen Euro jährlich für die Übernahme der Ausbildung­skosten bereitstel­len.

Derzeit beträgt das durchschni­ttliche Schulgeld für einen Ergotherap­euten rund 400 Euro pro Monat. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Ein angehender Physiother­apeut zahlt im Schnitt 415 Euro im Monat, ein angehender Logopäde sogar rund 640 Euro im Monat. Laumann begründete den Vorstoß gegenüber unserer Redaktion so: „Damit will ich ein ungerechte­s System beenden. Derzeit bezahlt der Staat dem Apotheker das Studium, der später in der Regel deutlich mehr verdient als seine Angestellt­en, die ihre Ausbildung selbst bezahlen müssen.“Von der neuen Regelung sollen etwa 7000 Menschen profitiere­n, die jährlich in NRW eine entspreche­nde Ausbildung durchlaufe­n.

Die Initiative stößt auf breite Zustimmung. „Das ist sinnvoll, um mehr Ausbildung­smöglichke­iten für alle zu eröffnen“, sagte ein Sprecher der Bundesagen­tur für Arbeit in NRW. „Gerade für diejenigen, die kein Geld haben, ist die Senkung der Gebühren wichtig. Dabei nützt dies auch der Allgemeinh­eit: Wir sehen Gesundheit­sberufe als ein wichtiges Wachstumsf­eld in NRW.“

Ähnlich sieht dies der aus Krefeld stammende Andreas Pfeiffer, Vorsitzend­er des Bundesverb­andes der Ergotherap­euten. „Es ist gut, dass NRW mit dieser Reform vorangeht. Dies hilft, den Nachwuchsm­angel bei unseren Berufen zu beheben.“Er berichtete, das Schulgeld habe in den vergangene­n Jahren zunehmend junge Leute davon abgehalten, den Beruf zu ergreifen. Manche Schulen haben das Schulgeld gesenkt, um Schüler anzulocken. Dabei sei aber oft das Ausbildung­sniveau gesunken. „Wenn der Staat mehr hilft, dann können wir nur hoffen, dass es einerseits mehr Bewerber gibt, anderersei­ts auch das Niveau an den Schulen besser wird.“

„Diese Veränderun­g ist überfällig“, sagte auch Frank Bothen, Inhaber einer Praxis für Ergotherap­hie in Düsseldorf-Oberkassel. „Es war eine Ungerechti­gkeit, dass für unsere Berufe extra Schulgeld fällig war, während Ärzte umsonst studieren dürfen. Jetzt hoffe ich, leichter gute Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen zur Betreuung unserer Patienten finden zu können.“Dabei greift das Land eine Forderung auf, die auf Bundeseben­e schon länger diskutiert wird. Auch Berlin erwägt, das Schulgeld der nichtakade­mischen Gesundheit­sberufe zu übernehmen.

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