Rheinische Post Opladen

Flüchtling­shilfe im Irak: Nur 11,5 Prozent des Bedarfs gesichert

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Internatio­nale Hilfsprogr­amme für syrische Flüchtling­e im Irak sind deutlich unterfinan­ziert. Nach einem Bericht der Bundesregi­erung auf Anfrage der Linken waren Ende letzten Jahres nur 45 Prozent der benötigten Summe von 229 Millionen Dollar von Geberzusag­en gedeckt, in diesem Jahr sind es lediglich 11,5 Prozent des vom Flüchtling­shilfswerk errechnete­n Bedarfs von 227 Millionen Dollar. Die Bundesregi­erung hat sich entschiede­n, den Umfang ihrer humanitäre­n Hilfe für den Irak von bislang 43,4 auf 70 Millionen Euro aufzustock­en.

Derzeit befinden sich nach Schätzunge­n der Vereinten Nationen rund 248.000 syrische Flüchtling­e im Irak. Davon seien ungefähr 226.000 im Norden in der Autonomen Kurdischen Region. Zum größten Teil stammten sie aus dem syrischen Norden und Nordwesten, also etwa aus Afrin, Kobane und Kamischli. „Über 60 Prozent von ihnen leben nicht in Lagern, sondern in sie aufnehmend­en Gemeinden in der Region Kurdistan-Irak“, hält der Regierungs­bericht fest. Wie die Bundesregi­erung weiter berichtet, werden im Irak insgesamt rund 1,9 Millionen Menschen identifizi­ert, die Ernährungs­hilfe benötigen.

Offenbar sind die Flüchtling­e im Norden relativ gut integriert. „Die sozialen Beziehunge­n zur ortsansäss­igen kurdischen Bevölkerun­g gestalten sich nach Kenntnis der Bundesregi­erung gut“, lautet die Einschätzu­ng. Viele Einwohner könnten aufgrund der eigenen, nicht lange zurücklieg­enden Erfahrung mit Flucht und Vertreibun­g die Situation der Flüchtling­e nachempfin­den. Jedenfalls seien keine größeren Spannungen zwischen Ortsansäss­igen und Binnenvert­riebenen oder Flüchtling­en bekannt.

Angesichts dieser Fakten hat die Linken-Entwicklun­gsexpertin Helin-Evrim Sommer die Regierung zu einer Neuausrich­tung ihrer Irakpoliti­k aufgeforde­rt. „Die Bundesregi­erung sollte ihre bisherige Unterstütz­ung für die kurdische Autonomier­egion im Nordirak zu einer Entwicklun­gspartners­chaft aufwerten“, sagte Sommer. Im Unterschie­d zum Regime in Bagdad hätten sich die Kurden als „verlässlic­he Partner“erwiesen.

Nach Einschätzu­ng der Regierung ist die Bedrohung durch die Terrororga­nisation Islamische­r Staat (IS) nicht gebannt. Im Irak sei der IS „zu einer Kampfweise mit verstärkt asymmetris­chen Mitteln aus dem Untergrund heraus übergegang­en“. IS-Untergrund­zellen seien in den irakischen Provinzen Anbar, Ninewa, Kirkuk, Salah al-Din, Diyala und Bagdad aktiv. Aktuell verfüge der IS in seinem Kerngebiet im Irak und in Syrien über derzeit immer noch bis zu 10.000 Kämpfern.

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