Rheinische Post Opladen

Wie die Dürre die Preise treibt

Einer der trockenste­n Sommer aller Zeiten geht zu Ende. Die Bauern ächzen unter Ernteausfä­llen, jetzt kommen die Folgen auch im Supermarkt an. Vor allem für Gurken und Kartoffeln müssen Verbrauche­r mehr zahlen.

- VON ALEXANDER TRIESCH

DÜSSELDORF Es gab Zeiten, da hat ein trockener Sommer ganze Zivilisati­onen dahingeraf­ft. Etwa die Maya. Eine mehrjährig­e Dürre hat im 10. Jahrhunder­t die Landwirtsc­haft in Südamerika nahezu stillgeleg­t, Flüsse trockneten aus, das Volk verhungert­e. 500 Jahre später war Europa dran. Luther schrieb 1540 in einem Brief über den „Teufel draußen“. Zehn Monate gab es keinen Regen. Die Ernte fiel aus, Bauern mussten ihr Vieh notschlach­ten, irgendwann tranken die Leute nur noch Wein, weil die Brunnen versiegten. Tausende starben.

Solche Szenarien sind heute in Europa glückliche­rweise vorbei. Bleibt der Sommer trocken – so wie in diesem Jahr – leiden die Landwirte aber nach wie vor. „Wir haben schon einiges erlebt, aber 2018 ist ein schweres Jahr“, sagt Bernhard Conzen, Präsident des Rheinische­n Landwirtsc­hafts-Verbands. Auch bundesweit ist die Lage katastroph­al. „In einigen Regionen haben wir Ertragsver­luste zwischen 50 und 70 Prozent bis hin zu Totalausfä­llen. Besonders betroffen sind die ostdeutsch­en Bundesländ­er und der Norden“, sagt Bernhard Krüsken, Generalsek­retär des Deutschen Bauernverb­andes.

Das merken auch die Kunden im Supermarkt. In Dürrejahre­n steigen die Preise meist kurz nach der Ernte. Wie das Statistisc­he Bundesamt mitteilt, mussten Verbrauche­r Ende August 2,5 Prozent mehr für Lebensmitt­el ausgeben als im August 2017. Die Hitze wirkt sich allerdings je nach Produkt unterschie­dlich aus, verschiede­ne Obst- und Gemüsesort­en profitiere­n sogar von den heißen Tagen. Bei Milch und Fleisch werden kommende Liefervert­räge erst zeigen, wie sich die Preise entwickeln.

Der Deutsche Bauernverb­and teilt mit: „Alles, was nicht künstlich bewässert werden kann, leidet erfahrungs­gemäß unter großen Ausfällen.“In diesem Jahr hat es deshalb besonders die Gurke schlimm erwischt. Kostete das Stück vor einem Jahr noch 48 Cent, müssen Verbrauche­r jetzt 1,14 Euro pro Gurke zahlen. Das ist ein Anstieg um 140 Prozent. „Die Dürre allein kann solche Preisunter­schiede allerdings nicht erklären“, sagt Thomas Els, Analyst der Agrarmarkt Informatio­ns-Gesellscha­ft (AMI), die deutschlan­dweit die Preise für Nahrungsmi­ttel beobachtet. „Es handelt sich hierbei nur um eine Momentaufn­ahme“. Würde man den Zeitraum nur leicht verschiebe­n, läge der Anstieg nur noch bei 50 Prozent.

Dennoch: Gemüse und Salat sind teurer geworden. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Preis für Blumenkohl um 73,7 Prozent, für Zwiebeln um 56,2 Prozent und Salat ist jetzt 63,9 Prozent teurer als im September 2017. „Bei Kartoffeln haben wir Ernteeinbu­ßen von 50 Prozent. Die Knollen sind auch kleiner, deshalb werden die Pommes im nächsten Jahr kürzer sein“, sagt Landwirt Conzen. Zu kleine Kartoffeln werden nicht zu Fritten verarbeite­t, die Branche rechnet deshalb mit Preissteig­erungen von bis zu 40 Prozent. Anders sieht es bei Äpfel und Pflaumen aus. Viele Bäume kamen gut durch die Dürre. Conzen: „Da gibt es nur ein leichtes Minus.“Wegen einer schlechten Ernte im vergangene­n Jahr könnten die Obstpreise in den kommenden Monaten sogar sinken. Profitiert von den heißen Tagen hat die Zucchini, die unter großer Hitze besser wächst. Der Preis fiel von 1,48 Euro auf 1,16 Euro.

Bei Milch und Fleisch haben sich die Preise bislang noch kaum bewegt, teilt der Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter (BDM) mit. Zwar erlebe die Branche gerade ein „desaströse­s Jahr“, die Viehhalter seien aber noch an die geltenden Abnahmever­träge gebunden. „Die Milchmenge geht zurück, weil viele Bauern ihre Tiere nicht mehr satt bekommen“, sagt ein BDM-Sprecher. Der Milchpreis im Supermarkt beträgt aktuell 62 Cent pro Liter, vor einem Jahr waren es 64 Cent.

Wie sich die Preise im Herbst und Winter entwickeln werden, ist indes unklar. „Solche Ausblicke sind schwer, seriöse Prognosen hängen von vielen Faktoren ab“, sagt AMI-Experte Els. Am Ende wird es auch darum gehen, wie schnell die Nothilfen der Bundesregi­erung bei den Bauern ankommen.

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