Der Neue lässt es krachen
Die Verdi-Oper „La forza del destino“macht der neue Generalmusikdirektor Christopher Ward in Aachen zum Fest.
AACHEN Christopher Ward, der neue GMD am Theater Aachen, hat sich zur Saisoneröffnung mit Verdis „La forza del destino“(Die Macht des Schicksals) fulminant in die Herzen des Publikums dirigiert. Der 38-jährige Brite, der zuletzt Kapellmeister am Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken war, liebt einerseits die extrovertierte Derbheit in Verdis Musik, die mit glitzerndem Becken und fettem Blech direkt in die Eingeweide zielt. Da lässt der Mann mit der Scheitelfrisur es auch mal richtig krachen. Aber er hat auch Sinn für die vielen delikaten Übergänge, die samtweichen Stellen, die leise über den Rücken rieseln. Und Aufmerksamkeit in Fülle für seine Solisten und den so opulent eingesetzten Chor, der vom großen Kriegsgeschrei bis zur frommen Pilgermusik eine breite Klangpalette zeigen muss – und zeigt. Ein gelungener Einstand also für den neuen Mann in Aachen, den das Publikum feierte.
Ward hat sich mit Regisseur Jarg Pataki für die Petersburger Urfassung entschieden. Die endet nach reichlich an den Haaren herbeigezogenen Irrungen eines Liebespaars, das zunächst den Vater der Braut versehentlich umbringt, danach vor dem rachelüsternen Bruder flieht und sich verliert, um sich nach drei weiteren Opernstunden im Kloster wiederzufinden, mit dem weltverachtenden Selbstmord des jungen Liebenden. Da liegen Braut und Bruder schon in eigenen Blut. Dieses entsetzliche, im tiefen Blech, Pauken und Bässen grummelnde Brodeln der letzten Takte kann einem schon nachlaufen. Aus der späteren Mailänder Happy-End-Fassung stammt nur die opulente Ouvertüre des Abends, bei der der Regisseur zeigt, was die Drehbühne von Mathias Baudry alles kann. Vor allem: sich drehen und die Sänger mit akustisch optimaler Wand im Rücken an die Rampe befördern.
Was sich danach entspinnt, ist ein Opernabend, bei dem vor allem die großen und musikalisch herausragenden Chorszenen sehr gut funktionieren. Der berühmte martialische Rataplan-Chor wird – getaucht in totales Goldgelb – zu einem Abbild faschistischer Aufmärsche. Seine Protagonisten – die solide Irina Popova als Leonora, der starke Bariton Hrólfur Saemundsson als rächender Carlo, der letztlich überzeugende mexikanische Gast-Tenor Arturo Martin als Alvaro – führt Pataki allzu oft zu lasch. Von Verdis (sarkastischem) Humor ist nicht viel zu sehen. Quell eines dann aber doch gelungenen Abends bleibt der Orchestergraben.
Info www.theater.aachen.de