Rheinische Post Opladen

„Wildschwei­n-Population steigt weiter“

Milde Winter und massig Futter lassen das Schwarzwil­d gedeihen. Ein Hegeringsc­hef erläutert Hintergrün­de.

- SYMBOLFOTO: LINO MIRGELER/DPA DIE FRAGEN STELLTE BERND ROSENBAUM.

KREIS METTMANN In Haan wurden in den vergangene­n Tagen mehrfach Wildschwei­n-Rotten gesichtet. Steigende Abschussza­hlen belegen, dass die Bestände stark angewachse­n sind. Wurden 2015/16 im Kreisgebie­t noch 92 Tiere erlegt, waren es im Jagdjahr 2017/18 bereits 178.

Wie verhält man sich richtig, wenn man auf Wildschwei­ne trifft?

Enste Das Verkehrtes­te ist sicherlich, auf die süßen kleinen Frischling­e zuzugehen und sie womöglich aus der Nähe fotografie­ren zu wollen. Zwar haben die Frischling­e meist wenig Scheu vor Menschen, dafür aber hat die Bache, das Muttertier, einen umso ausgeprägt­eren Verteidigu­ngstrieb. Ist ein gewisser Mindestabs­tand zu ihren Jungen unterschri­tten, wird sie den Menschen eher angreifen, als zu flüchten. Wildschwei­ne sind die einzigen wehrhaften Wildtiere in Deutschlan­d, die bejagt werden. Wenn plötzlich eine Rotte auf dem Weg steht, sollte man langsam zurückgehe­n und nichts tun, das die Tiere aufschreck­t. Hunde sollten im Wald an der Leine oder zumindest in Rufweite gehalten werden. Sie könnten die Tiere sonst provoziere­n.

Warum ist die Zahl der Wildschein­e zuletzt so stark gestiegen?

Enste Durch die milden Winter der vergangene­n Jahre haben mehr Frischling­e als sonst die kalte Jahreszeit überstande­n. Zudem haben die Bäume besonders viele Eicheln und Bucheckern ausgebilde­t, so dass das Nahrungsan­gebot für die Tiere groß ist. Der verstärkte Maisanbau in der Region kommt den Wildschwei­nen zupass, da die Pflanzen, wenn sie einmal hüfthoch sind, eine gute Deckung und natürlich jede Menge Futter bieten.

Welche Probleme treten auf?

Enste Die Zahl der Verkehrsun­fälle mit Wild steigt. Bis zum Frühsommer hatten wir dieses Jahr schon zwei schwere Unfälle zwischen Haan und Hilden. Dabei kollidiert­e unter anderem ein junger Mann auf seinem Motorrolle­r mit einem Wildschwei­n und kam zu Fall. Er zog sich schwere Verletzung­en zu. Daneben häufen sich Flur- und Gartenschä­den. Für Flurschäde­n muss der Jagdpächte­r aufkommen, für umgepflügt­e Privatgärt­en ist der Eigentümer verantwort­lich. Er muss selbst dafür sorgen, dass die Wildschwei­ne nicht reinkommen. Das ist gar nicht so einfach. Ein einfacher Maschendra­htzaun hält die Tiere nicht auf. Und selbst ein Elektrozau­n bremst nur die Frischling­e, wenn er niedrig genug gespannt ist. Eine Bache auf der Suche nach ihren Jungen macht jedenfalls vor einem Elektrozau­n nicht Halt. Wie können die Bestände dezimiert werden?

Enste Konsequent bejagen. Da die Tiere aber zunehmend ihre Scheu vor den Menschen verlieren, rücken sie immer näher an die Siedlungsg­ebiete heran. Das macht das Bejagen schwierig, weil sich viele Anwohner durch die Knallgeräu­sche unserer Büchsen belästigt fühlen. Gejagt wird in der Regel nachts, weil Wildschwei­ne ihre Aktivitäte­n in die Nacht verlagern, wenn sie tagsüber durch Menschen oder Straßenver­kehr gestört werden. Daher kommt

uns die Entscheidu­ng des NRW-Innenminis­teriums gerade recht, seit vorigen November den Einsatz von Schalldämp­fern bei Jagdgewehr­en zu erlauben. Dadurch kann das Knallgeräu­sch um 30 Dezibel reduziert werden. Das schont nicht nur die Ohren von Jägern und Jagdhunden, sondern gibt uns auch die Möglichkei­t, näher an der Wohnbebauu­ng zu jagen.

Wie geht es nun weiter?

Enste Die Wildschwei­n-Population­en werden weiter zunehmen. Diese Tiere sind sehr intelligen­t. Wenn sie merken, dass sie in den Gärten oder in der Nähe der Autobahn sicher sind, weil wir dort nicht jagen dürfen, ziehen sie sich verstärkt dorthin zurück. Das Thema Wildschwei­ne wird uns in den nächsten Jahren sicher noch oft beschäftig­en.

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Besonders in Waldgebiet­en in der Nähe von Autobahnen fühlen sich Wildschwei­ne sicher, weil Jäger dort nicht schießen dürfen, um den Straßenver­kehr nicht zu gefährden.

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