Theater über Mobbing geht Schülern nahe
Mit „Out – Gefangen im Netz“packt Sascha Hermeth in der Bettine-von-Arnim-Gesamtschule sein junges Publikum.
LANGENFELD Kinder können ganz schön fies sein. Das ist nichts Neues, das war schon immer so. Besonders in der Pubertät – einer schwierigen Entwicklungsphase zwischen dem Kindsein und dem Erwachsenwerden – neigen Jugendliche dazu, ihre Grenzen auszutesten, müssen sich in der Gruppe behaupten, in der Gesellschaft ihren Platz finden und greifen dafür auf Methoden aus der Steinzeit zurück. Früher rauften sich die Jungs auf dem Schulhof, die Mädels zickten sich an, doch alles blieb mehr oder minder im „geschützten Raum“, bis der Sturm vorbei war und sich alles wieder einigermaßen einrenkte.
Heute ist das anders: Das Mobbing hat sich auf einer weiteren Ebene ausgebreitet, der im Internet. Mobbing-Opfer kommen selbst fernab der Schule nicht mehr zur Ruhe. Dabei muss es nicht immer nur die vermeintlich schwächsten Mitglieder einer Gruppe treffen, wie das Stück „Out – Gefangen im Netz“zeigt. Die Inszenierung der freien Theatergruppe Franziska Richter aus Hamburg wurde mit dem Jugendpreis „TheaTrend“ausgezeichnet und tourt nun durch Schulen in Langenfeld, Monheim und Ratingen.
Ein selbstbewusstes, bildschönes Mädchen wird in der Klasse ausgegrenzt, als Streberin, Alleswisserin – vermutlich auch aus Neid. Als sie bei einer Schulparty ausgeladen wird, geht Viktoria, so ihr Name, trotzdem hin. Am Ende eröffnen Mitschüler ein Profil mit Nacktbildern von ihr, verbreiten Gerüchte über sie, stempeln sie als Schlampe ab. Der Schneeball entwickelt sich zur Lawine und führt Viktoria an den Abgrund. Sie steht kurz davor sich das Leben zu nehmen.
Sascha Hermeth steht in der Rolle von Viktorias Bruder Dominik in einer achten Klasse der Bettine-von-Arnim-Schule in Richrath und erzählt vom Schicksal seiner Schwester, spielt Sprachnachrichten über das Handy ab, in denen sich Viktoria mit einer Freundin unterhält, über das, was ihr täglich widerfährt. Die Schüler lauschen aufmerksam, fast betroffen. Ab und an, wenn Hermeth fiese Sprüche drückt, lachen einige in der Klasse laut auf, andere bleiben wie versteinert sitzen.
Eine Aufführung in einer siebten Klasse hatte ein junges Mädchen dermaßen aufgewühlt, dass sie nach dem Stück den Klassenraum verließ, um auf dem Flur zu weinen. Auch die achte Klasse kennt Mobbingfälle. „Wir mussten schon mehrmals unsere Whatsapp-Gruppe löschen, weil es Streitereien gab“, erzählt ein Junge nach der Inszenierung in Richrath.
Zwei Mädchen gehen sogar noch weiter: „Ja, bei uns in der Klasse haben wir auch einen Mobbingfall,
aber nicht so einen krassen. Ein Junge wird ständig ausgegrenzt, weil er sehr provokant ist.“Das Problem sei in der Klasse durchaus angesprochen worden, „aber er will nicht einsehen, dass er sich auch ändern muss.“
Über das Stück sagt die eine der beiden Klassenkameradinnen: „Mich hat es sehr aufgewühlt. Ich habe mich richtig in die Situation hineinversetzt und finde es einfach schrecklich, was dem Mädchen angetan wurde.“Die andere meint selbstkritisch: „Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich so einen Mobbingfall sehe.“Beide Gesamtschülerinnen sind sich einig: Das Stück geht einem gerade deshalb so nah, „weil es tatsächlich so passieren kann“.