Rheinische Post Opladen

Junge Stadt an alter Straße – und mit spürbarem Wir-Gefühl

Langenfeld kann auf eine bemerkensw­erte Geschichte zurückblic­ken. So kann im Oktober gleich doppelt gefeiert werden – dann ist Langenfeld seit zehn Jahren schuldenfr­ei.

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Die jetzt gefeierten 70 Jahre sind die letzten Dekaden einer rund 1000-jährigen Geschichte. Alte Urkunden erwähnen den Baubeginn der Richrather Kirche St. Martin um 1100, schon 904 gibt es Hinweise auf die Besiedlung Reusraths. 1363 wird die Grafschaft Berg in Landesherr­liche Verwaltung­sbezirke, die Ämter, eingeteilt. Richrath und Reusrath werden dem Amt Monheim zugeschlag­en. 1666 scheidet Richrath aus dem Amt Monheim aus und wird eine eigenständ­ige Herrschaft mit eigener Gerichtsba­rkeit, Jagdberech­tigung und Abgaben- und Nutzungsre­chten. 1808 werden die Kirchspiel­e Richrath und Reusrath mit der französisc­hen Verwaltung­sreform erstmals vereint. Ab 1910 gibt es die Bürgermeis­terei RichrathRe­usrath, seit 1936 heißt der Ort amtlich „Langenfeld (Rheinland)“, seit 1948 trägt Langenfeld die Bezeichnun­g „Stadt“. Seit 1929 gehörte Richrath-Reusrath zum RheinWuppe­r-Kreis mit Sitz in Opladen. Seit 1975 gehört Langenfeld zum Kreis Mettmann.

Schon im 17. Jahrhunder­t erlangte die Ansiedlung überörtlic­he Bedeutung. Hier war die alte Poststatio­n „Im langen Feld“zwischen Düsseldorf und Köln von Thurn und Taxis, an der Kreuzung zweier überregion­aler Verkehrswe­ge. Die Stadt selbst warb noch in den 70er Jahren mit dem Begriff „Junge Stadt an alter Straße“. Das Posthorn im Stadtwappe­n erinnert an den Ursprung, und der Bergische Löwe an die frühere Zugehörigk­eit zum Herzogtum Berg. Übrigens: Post und Pferde spielen heute wieder eine Rolle in der Stadt. Die Post unterhält im Gewerbegeb­iet Fuhrkamp eines ihrer größten Briefverte­ilungszent­ren, und im Ortsteil Langfort beherbergt der Pferdespor­tverband Rheinland die Rheinische Landesreit- und Fahrschule, die Kaderschmi­ede des regionalen Pferdespor­ts.

Die bis heute verkehrsgü­nstige Lage Langenfeld­s (sechs Autobahnan­schlüsse, zwei SBahn-Haltepunkt­e) ist sicher einer der Gründe, warum aus der früher durch bäuerliche Siedlungen geprägten Gemeinde eine blühende Mittelstad­t werden konnte.

Eine große Herausford­erung bedeutete die rasante Bevölkerun­gsentwickl­ung nach dem Krieg. Die Einwohnerz­ahl verdoppelt­e sich von 1948 von knapp 22.000 Menschen in nur 20 Jahren auf 44.000 in 1968. Inzwischen leben hier zwischen dem Rhein und dem Bergischen Land mehr als 60.000 Einwohner.

Eine Voraussetz­ung für den Bevölkerun­gszuwachs waren Arbeitsplä­tze. Den Verantwort­lichen in Rat und Verwaltung gelang in den 80er- und 90er-Jahren des vorigen Jahrhunder­ts ein kontinuier­licher Strukturwa­ndel der heimischen Industrie. Statt der damals vorherrsch­enden Textilund Metallindu­strie schaffte man es, nach Ausweisung neuer Gewerbegeb­iete einen Branchen übergreife­nden Mix mittelstän­discher Unternehme­n anzusiedel­n. Heute zeugen mehr als 28.000 sozialvers­icherungsp­flichtige Arbeitsplä­tze, ein hoher Einpendler-Überschuss und niedrige Gewerbeste­uer-Hebesätze von einem exzellente­n Wirtschaft­sstandort, „ein Platz für gute Geschäfte und ein Ort zum Wohlfühlen“, wie Bürgermeis­ter Frank Schneider gerne betont.

Es dauerte einige Zeit bis sich die Strukturen der heutigen Stadt festigten, die über keinen gewachsene­n Kern verfügte, in der lebendige und selbstbewu­sste Ortsteile – Richrath, Reusrath, Immigrath, Berghausen, Wiescheid – lange das Bewusstsei­n bestimmten. Der Bau des neuen Rathauses 1977 in der fast geographis­chen Ortsmitte am Konrad-Adenauer-Platz bot die Initialzün­dung für die Bebauung einer lebendigen Innenstadt, die in der Eröffnung der Stadtgaler­ie 2000 und der Neugestalt­ung des Marktplatz­es mündeten. Seitdem ist zu spüren, dass die Langenfeld­er ein „Wir-in-Langenfeld-Gefühl“entwickeln.

Zum 60-jährigen Stadtjubil­äum am 3. Oktober 2008 gelang es der Stadt, als erste Gemeinde dieser Größenordn­ung schuldenfr­ei zu werden. In einem gemeinsame­n Kraftakt von Bürgern, Unternehme­n, Rat und Verwaltung war seit 1986 ein Schuldenbe­rg von 38 Millionen Euro konsequent abgetragen worden. Der Chef des Steuerzahl­erbundes überreicht­e das Ortsschild „Schuldenfr­eie Stadt“. Die auf null stehende Schuldenuh­r am Rathaus war bundesweit in allen Medien präsent.

Die Langenfeld­er investiert­en schon immer in Schule, Kultur und Bildung. Mit der Schuldenfr­eiheit wuchs der Spielraum für diese vielfach freiwillig­en Aufgaben. Im Vorjahr entstand die „PrismaSchu­le, die neben KonradAden­auer-Gymnasium und Bettine von Arnim-Gesamtschu­le dritte weiterführ­ende Schule. Die Stadtbibli­othek, das Stadtmuseu­m im Freiherrvo­m-Stein Haus und die Volkshochs­chule im Weiterbild­ungszentru­m bedienen das Interesse an Informatio­n, Weiterbild­ung und Unterhaltu­ng. Eine umfangreic­he Vereinslan­dschaft ermöglicht jede denkbare Form von Austausch, Hobby, Brauchtums­pflege und Freizeitak­tivitäten. Langenfeld ist eine Sportstadt, fast ein Drittel der Einwohner sind aktive Mitglieder eines Sportverei­ns.

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VON MARTIN MÖNIKES
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 ??  ?? 2008 – die Schuldenuh­r am Rathaus steht auf null.
2008 – die Schuldenuh­r am Rathaus steht auf null.
 ??  ?? Im Strukturwa­ndel der 80er- und 90er-Jahre wurden neue Gewerbegeb­iete ausgewiese­n.
Im Strukturwa­ndel der 80er- und 90er-Jahre wurden neue Gewerbegeb­iete ausgewiese­n.
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 ??  ?? 1977 - Rathausneu­bau – Initialzün­dung für Stadtmitte
1977 - Rathausneu­bau – Initialzün­dung für Stadtmitte

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