Mit Prometheus aus der Komfortzone
Theatermacher Peter Radtke feiert mit einem Stück über das Leid des Titanen Premiere im Erholungshaus.
LEVERKUSEN Prometheus ist einer der bekanntesten Titanen in der griechischen Mythologie. Listig täuscht er der Sage nach den Göttervater Zeus und bringt den Menschen das Feuer. Das macht den Obergott wütend, und zur Strafe wir Prometheus an einem Felsen in der Einöde des Kaukasusgebirges geschmiedet. Ein Adler bedient sich pickend an seiner Leber, die sich immer wieder erneuert. Mal steht Prometheus als hochmütiger Betrüger das, mal wird er bei Dramatikern als Wohltäter der Menschheit gefeiert. Einen eigenen Interpretationsansatz bietet das Stück „Ecce Prometheus“, das Peter Radtke inszenierte und das nun im Erholungshaus uraufgeführt wird.
Der Theatermacher projiziert die griechische Sage in die heutige Zeit. „Die Geschichte von Prometheus fasziniert schon seit vielen Jahrhunderten und ist gleichzeitig vielschichtig interpretierbar“, sagt Radtke, der wegen einer Glasknochenkrankheit einen Rollstuhl nutzt. „In einem Mythos steckt immer auch ein Stück Wahrheit in den gezeigten Bildern“, ergänzt er. Heute müsse die Menschheit sich fragen, was sie aus dem Feuer gemacht hat, dass der Held der Geschichte uns einst gegeben hat. Radtke denkt da an die Industrialisierung und die daraus resultierenden Klimakatastrophen. Aus einem Segensversprechen wurde auch Verhängnis für Mensch und Natur. Auch der Leidensweg Christi spielt in Radtkes Interpretation eine große Rolle. Darauf weist der Titel des Stückes „Ecce Prometheus“– „Siehe, das ist Prometheus“. Die Frage ans Publikum könnte lauten: Wie steht es denn mit eurem Gottesbild? Folgt es Dostojewskis „Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt“oder Nitzsches „Gott ist tot“? Und kann der Mensch aus eigenen Willen Prometheus befreien? So wie der Titan in der Sage von Herakles erlöst und von Zeus begnadigt wurde.
In Zusammenarbeit mit dem „akademietheater ulm“hat Radtke das Stück auf die Bühne gebracht und sich mit Jan Dziobek einen Schauspieler an die Seite geholt, der, ebenfalls durch eine Behinderung eingeschränkt, der ideale „Sparringspartner“ist. Gemeinsam zeigen beide, dass Theater mehr vermag als zu unterhalten. „Ich habe bewusst eine Farce geschrieben und keine Komödie. Denn es ist ein ernstes Thema, auch wenn es lustig erscheint“, sagt der 75-jährige Radtke.
Gespielt wird das Stück, das sein Publikum aus der Komfortzone locken will, in Ulm im Akademietheater. Premiere feiert es morgen, Sonntag, 14. Oktober, um 18 Uhr im Erholungshaus von Bayer Kultur. Leiter Thomas Helfrich hat eine persönliche Beziehung zum Ulmer Theater. Er hat dort das Schauspiel gelernt. Es dürfte ein besonderer Abend werden.