Der Megamarsch: 100 Kilometer an einem Tag
Jens-Uwe Kurth (39) nahm am Megamarsch nach Nettersheim teil. Elf Monate Training und 30 Kilo weniger Körpergewicht waren der Preis.
LEVERKUSEN/LEICHLINGEN „Warum bin ich gerade nicht zuhause vor dem Kamin?“, fragte sich JensUwe Kurth bei Kilometer 65. Und zu diesem Zeitpunkt hatte der 39-Jährige noch 35 Kilometer der Strecke vor sich. Sein Ziel: der Megamarsch in Köln. Eine 100 Kilometer lange Wanderung, für die die Teilnehmer 24 Stunden Zeit haben.
„Der Vorschlag, mal eine Wanderung zu machen, kam von meinem Onkel“, sagt Kurth. Doch von diesem Vorschlag hielt der Witzheldener erstmal nicht so viel, denn Wandern war in seinen Augen eher eine Sportart für Rentner. Doch vor elf Monaten packte ihn dann doch die Lust auf einen „Marsch“. „Die erste Wanderung ging zum Bäcker, um Brötchen zu holen. Aber nicht der bei uns in Witzhelden, sondern der in Leichlingen“, erinnert sich der Freizeitsportler. Das ist eine Strecke von ungefähr elf Kilometer.
Mittlerweile hat der Vater einer siebenjährigen Tochter zwei Megamärsche hinter sich. Also insgesamt 200 Kilometer. „Ich wollte meine Gesundheit verbessern, indem ich wieder Sport mache“, sagt der 39-Jährige. Im Internet sei er dann auf den Megamarsch in Köln gestoßen, der dort im September stattfand. Daraufhin trainierten ein alter Schulfreund und er fast jedes Wochenende und erhöhten dabei langsam die Distanz. Die beiden Freunde suchten sich immer neue Wanderrouten im Internet. „Dadurch habe ich erst gemerkt, wie schön eigentlich das Bergische Land ist. Das habe ich im Alltag gar nicht mehr wahrgenommen“, schwärmt der Megamarsch-Teilnehmer.
Nach elf Monaten Vorbereitung und mittlerweile 30 Kilo weniger auf der Waage war es dann endlich soweit: Am 21. September wird JensUwe Kurth von seiner Familie zum Startpunkt nach Brühl gebracht. Mit dabei: sein elf Kilo schwerer Rucksack mit Regensachen, eine Stirnlampe für die Nacht und Müsliriegel. Die Strecke ist ausgeschildert, und die Teilnehmer können sich die GPS-Koordinaten auf ihr Handy laden. Auch ein zusätzlicher Akku für das Handy war Jens-Uwe Kurth sehr wichtig: „Zwischendurch hab ich auf meiner Facebookseite Videos hochgeladen, um alle auf dem Laufenden zu halten.“
Der erste Tiefschlag kam bei Kilometer 42. Dort musste sein Wanderkollege wegen Rückenproblemen aufhören. „Ab da musste ich schon meinen inneren Schweinehund überwinden, um trotzdem alleine weiter zu wandern“, berichtet der Familienvater. Auch die rund zwölf Stunden, die die Teilnehmer im Dunkeln wandern müssen, ist für viele ein Grund aufzugeben. Doch Jens-Uwe Kurth gibt nicht auf und erreicht nach 21 Stunden das Ziel in Nettersheim in der Eifel. Insgesamt eine ziemlich verregnete Wanderung: In der gesamten Zeit war es nur zwei Stunden trocken. Der Regen
war wahrscheinlich auch der Grund für die hohe Abbrecherquote: Von 1600 Teilnehmern haben nur 400 Wanderer das Ziel in der Eifel erreicht.
„Schon auf der Autofahrt zurück bin ich direkt eingeschlafen, so müde war ich“, erinnert sich der Beifahrer. Vorerst möchte Jens-Uwe Kurth nicht mehr an einem Megamarsch teilnehmen. Er brauche jetzt eine neue sportliche Herausforderung, sagt er. Aber der Wanderszene möchte er weiterhin treu bleiben – wobei ihm 50 Kilometer auch reichen würden. „Ich fahre jetzt viel Rad und gehe auch ab und zu schwimmen, wie wäre es vielleicht mal mit einem Triathlon?“, überlegt der erfolgreiche Megamarsch-Teilnehmer und lacht.