Rheinische Post Opladen

Die Maschine ist ein Macho

Künstliche Intelligen­z soll die Arbeit erleichter­n, doch diskrimini­ert dabei Frauen.

- Richard Gutjahr ist Moderator für das Bayerische Fernsehen und Blogger. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Ein bemerkensw­erter Bericht aus der Tech-Industrie sorgte vergangene Woche für Gesprächss­toff. Bei Amazon hatte man in den vergangene­n Jahren an einer Software gearbeitet, um geeignete Mitarbeite­r für das Unternehme­n zu ermitteln. Die Maschine sollte selbststän­dig aus einem Berg von Bewerbunge­n die vielverspr­echendsten Talente herausfilt­ern. Das Problem: Das Programm bevorzugte kategorisc­h Männer.

Der Fehler ist bei der „Erziehung“des Systems entstanden. Künstliche Intelligen­z (KI) muss trainiert werden, ähnlich wie ein Kleinkind das Laufen lernt. Dabei wird die Maschine mit Daten gefüttert, anhand derer sie lernt. Bei Amazon wurde das Programm dabei mit schon vorhandene­n Personalda­ten gefüttert. Und die waren – wie üblich in der Tech-Industrie – überwiegen­d männlich.

Das System identifizi­erte, ohne dass es von Amazon so gedachtwar, Frauen als Schwachste­lle. Selbst als die Geschlecht­erangabe aus den Bewerberda­ten entfernt wurde, suchte die Maschine eigenständ­ig nach Hinweisen und stufte Kandidatin­nen herunter. Amazon beendete das Experiment und erklärte gegenüber Reuters, dass es bei tatsächlic­hen Bewerbungs­verfahren keine Rolle spielte.

Komplett beerdigt wurde das Projekt allerdings nicht. KI soll künftig dabei helfen, Personalda­ten besser zu strukturie­ren, um beispielsw­eise Doppelbewe­rbungen zu erkennen. Das ist auch dringend nötig, denn mit 575.700 Personen weltweit hat sich die Mitarbeite­rzahl bei Amazon seit 2015 verdreifac­ht. In einer aktuellen Umfrage gibt jeder zweite Personalch­ef in den USA an, KI-Systeme innerhalb der nächsten fünf Jahre bei der Kandidaten­suche einführen zu wollen. Nicht viel Zeit, um der Maschine beizubring­en, diskrimini­erungsfrei zu arbeiten.

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