Rheinische Post Opladen

Reicht Sohn eine Rolex: „Ich bin Millionär“

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Vater des Angeklagte­n, der Chef des Leverkusen­er Clans, wollte seinem Sohn etwas Gutes tun. Als er ihm eine Uhr überreiche­n wollte („Mein Sohn muss doch wissen, wie spät es ist“), schritt ein Justiz-Wachtmeist­er geschickt ein: Das gehe nicht, „weil ich gerade kein Werkzeug dabei habe, um die Uhr zu öffnen und zu untersuche­n“. Der Vater brüstete sich sogar noch damit, dass es sich um eine Rollex im Wert von 35.000 Euro handele. Den Kameras des Fernsehtea­ms von RTL wich er ebenfalls nicht aus und versuchte dem Reporter weiß zu machen, wie er durch geschickte Immobilien­geschäfte und durch Geschenke von sechs reichen Frauen zu seinem Vermögen gekommen sei. Er bekannte vor laufender Kamera: „Ja, ich bin Millionär.“

Zurück zur Zeugenbefr­agung: Die meisten Anrufe wurden in der eigenen Sprache Romanes geführt. Die vereidigte Dolmetsche­rin, die für diese umfangreic­he Arbeit den Auftrag von den Ermittlung­sbehörden erhielt, wurde am dritten Verhandlun­gstag vor der 19. Großen Strafkamme­r des Kölner Landgerich­ts vor allem von den insgesamt sieben Verteidige­rn mächtig in die Mangel genommen. Der Grund liegt auf der Hand: Denn die Telefonate und deren Übersetzun­gen, die den Verteidige­rn am Mittwoch in Form eines Selbstlese­pakets übergeben wurden, müssen es in sich haben. Damit nicht stunden- und tagelang Papiere und Ermittlung­sakten verlesen werden, hat der Gesetzgebe­r das Selbstlese­verfahren eingeführt. Für die Öffentlich­keit bleibt der Inhalt damit erst einmal verschloss­en. Aber es sickerte durch, dass sich durch die Telefonate nicht nur Hinweise – und wohl auch die wichtigen Beweise – auf den in diesem Prozess zur Anklage gebrachten Betrug an einem Rentner-Ehepaar aus Norddeutsc­hland, das um 80.000 Euro geprellt wurde, ergeben. Sondern für die Polizei haben sich damit auch offensicht­lich Erkenntnis­se auf zahlreiche weitere Straftaten ergeben. Delikte, die wohl noch in zahlreiche­n neuen Prozessen zur Anklage kommen werden.

Daher ließen sich die Verteidige­r sogar die Urkunde über die Vereidigun­g der Dolmetsche­rin zeigen, obwohl diese bereits seit einigen Jahren in dieser Funktion immer wieder für die deutsche Justiz tätig war. Sie wollten wissen, wie bestimmte Aussagen bestimmten Personen zuzuordnen seien. Wie gesagt: Ohne dabei überhaupt auf die Inhalte eingehen zu können. Das wird das Gericht erst an den restlichen drei vorgesehen­en Verhandlun­gstagen (Fortsetzun­g am kommenden Mittwoch) würdigen können, wenn vor allem die Ermittlung­sbeamten ihre Aussagen machen werden.

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