Querelen um Kandidatin beim CDU-Kreisparteitag
LEICHLINGEN/RHEIN-BERG Der Weg ins Europäische Parlament ist lang. Normalerweise wäre es bis zur Europawahl 2019 nur ein erster Schritt der CDU Rhein-Berg gewesen, ihren Kandidaten für den Parteitag des Bezirksverbandes zu nominieren.
Doch um diese Personalie, die am Mittwoch auf dem Kreisparteitag in Leichlingen entschieden werden sollte, hatte es schon im Vorfeld parteiinterne Auseinandersetzungen gegeben, die sich auf der Veranstaltung fortsetzen sollten. Zentrale Frage: Gibt das bisherige politische Engagement oder die Frauen-Quote den Ausschlag bei der Nominierung?
Zur Wahl angetreten waren der Rösrather Uwe Pakendorf, seit 1998 in der CDU, dort erst Vorsitzender der Jungen Union, in zahlreichen Wahlkämpfen engagiert und über weitere Parteiämter heute Vize der Unionsfraktion im Kreis – und Andrea Steinert aus Refrath, bis 2013 FDP-Mitglied, vor drei Jahren in die CDU eingetreten und mittlerweile in der Leitung des CDU-Arbeitskreises Europa auf Kreisebene. Und: eine Frau. Letzteres ist ein Grund, warum sich Herbert Reul, Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Bergisches Land und NRW-Innenminister, für Steinerts Kandidatur stark macht: offenkundig zum Missfallen der Parteibasis.
Vor dem Parteitag, so Steinert, habe sie anonyme Schreiben bekommen, es kursierten Gerüchte über die Berufstätigkeit ihres Mannes, zu deren Richtigstellung sie sich gezwungen fühlte. Am Mittwoch sah sich insbesondere Steinert mit Fragen der mehr als 200 stimmberechtigten Parteimitglieder konfrontiert, die ihr CDU-Engagement und ihre Qualifikation kritisch beleuchten wollten: Was sie für die Partei in Refrath getan habe, wenn man sie dort so gut wie nie sehe, für welches Steuermodell für die Digitalkonzerne sie sich als Europaabgeordnete entscheiden würde?
Interessant auch, wie sich die Kandidaten im Falle einer Niederlage am Mittwoch verhalten würden: Während Pakendorf eine direkte Bewerbung beim Bezirksverband ausschloss, sagte Steinert, dass sie sich auch bei der Bezirksfrauenunion vorgestellt habe. Das wäre eine weitere Chance, auf die Landesliste zu gelangen, brachte ihr aber die Kritik ein, „Karriere um jeden Preis“machen zu wollen. Reul sah beim Parteitag die einzige Chance, einen Kandidaten aus dem Bergischen auf einen aussichtsreichen Platz der Landesliste zu bekommen, bei Steinert. Denn sie erfüllt die parteiinterne Frauenquote, nach der jeder dritte Kandidat weiblich sein soll. Hinzu komme, so Reul, dass nach Wahlprognosen nur die ersten sechs Kandidaten auf der Liste eine Chance hätten, ins Parlament einzuziehen.
Von acht CDU-Bezirken in Nordrhein-Westfalen sind bisher fünf Amtsinhaber als EU-Parlamentarier gesetzt, darunter eine Frau. Entschieden hat sich die Parteibasis mit Zwei-Drittel-Mehrheit für Pakendorf.
Reul sah Chance auf Listenplatz bei Steinert