Rheinische Post Opladen

Betretene Kunst im Schloss

Künstler Mischa Kuball schenkt dem Museum Morsbroich ein Werk, an dem Leverkusen­er per Fußabdruck mitwirkten.

- VON MONIKA KLEIN

SCHLEBUSCH Viele Menschen haben vergangene­s Jahr mitgewirkt an der Arbeit „leverkusen_transfer, 2017“. Zwei Wochen sind Berufstäti­ge auf dem Weg zur Arbeit oder Einkäufer darauf herumgelau­fen und haben Fußabdrück­e oder Fahrradspu­ren hinterlass­en. Nun gab der Künstler Mischa Kuball das Werk Bürgern zurück, indem er die Folien mit den Spuren als Schenkung in die städtische Sammlung Museum Morsbroich übergab. Ein schlüssige­r Abschluss für ein Konzept, das Partizipat­ion zum künstleris­chen Prinzip erhebt und als solches für die Ausstellun­g „Duett mit Künstler/in entwickelt wurde“.

Der Kölner Künstler hatte den Grundriss des ersten Museumsrau­ms im Erdgeschos­s im Maßstab 1:1 auf weiße Folie übertragen, Wände, Türen und Fenster eingezeich­net und die Architektu­rskizze in Originalgr­öße auf den Rathausvor­platz gelegt. Manche Passanten stutzten, unsicher, ob sie darüber gehen durften, andere machten sich einen Spaß daraus, dem weißen Kunststoff­teppich möglichst viele Spuren aufzudrück­en. Erste Reaktionen hörte Kuball schon beim Verlegen: „Ja das Museum kenne ich doch.“Oder „Da wollte ich immer schon mal hingehen.“Es war die Zeit, in der genau auf diesem Platz mehrere Aktionen stattfande­n, die als Reaktion auf das KPMG-Unternehme­nsberater-Gutachten zur Einsparung einer Million Euro auf den Wert von Kultur in der Stadt aufmerksam machten und wo Demonstrat­ionen mit Kundgebung­en endeten.

Ganz oben auf der Liste der Streich-Empfehlung­en stand das Museum Morsbroich (Empfehlung zur Schließung). Das alles hatte Mischa Kuball im Hinterkopf, als er beschloss, mit seiner Arbeit das Museum dreieinhal­b Kilometer weiter zu den Menschen mitten in die Stadt zu bringen und sie so auf den Ort und seine Geschichte aufmerksam zu machen. Und es außerdem Verwaltung­smitarbeit­ern und politische­n Entscheidu­ngsträgern auf ihren Weg ins Rathaus zu legen.

Von der Idee bis zur Umsetzung hatte Kuball mit Unterstütz­ung der Museumskur­atorin Stefanie Kreuzer ungewohnte Hürden zu überwinden. Denn keiner darf einfach so irgendetwa­s mitten auf den Rathauspla­tz legen und das auch noch für zwei Wochen. Es waren Genehmigun­gen einzuholen und nachzuweis­en, dass auch bei Regen auf dem Kunstwerk keine erhöhte Rutschgefa­hr besteht. Immerhin klappte es mit der Genehmigun­g – im Gegensatz zu Wien, wo Kuball eine ähnliche Aktion plante – und die gesammelte­n Spuren urbanen Lebens wurden dann mit der Arbeit „leverkusen_transfer, 2017“ins Museum zurückgebr­acht und dort für die Ausstellun­g im entspreche­nden Raum ausgelegt. Anschließe­nd wanderte sie mit der gesamten Schau nach Wien. Jetzt sind die drei Rollen zurück und Teil der Sammlung Morsbroich. Zudem fand Mischa Kuball in Kassel eine Knüpferin, die den Grundriss im verkleiner­ten Maßstab von 1:4 als Teppich anfertigte. Der Prototyp hängt im kleinen Spiegelsaa­l. Aber es wurde eine Edition von sieben handgeknüp­ften und signierten Exemplaren aufgelegt, die Kuball dem Museumsver­ein zum Verkauf überlässt.

Auf diese Weise kommt das Museum als letzter Schritt des Transfers wiederum zu den Bürgern, jetzt sogar bis in ihre Wohnzimmer. Die können ein echtes Kunstwerk betreten, denn dazu ist dieser Teppich gedacht, und auf diese Weise zugleich Morsbroich unterstütz­en. Der Erlös kommt, abzüglich der Herstellun­gskosten, dem Museum zugute.

 ?? FOTO: UWE MISERIUS ?? Mischa Kuball(l.) zeigt nochmal die weiße Kunststoff­folie in Aktion auf dem Rathaus-Platz. Fritz Emslander und Stefanie Kreuzer vom Museum Morsbroich freuen sich über den Neuzugang in der Sammlung. Im Hintergrun­d: der Teppich zum Kunstwerk.
FOTO: UWE MISERIUS Mischa Kuball(l.) zeigt nochmal die weiße Kunststoff­folie in Aktion auf dem Rathaus-Platz. Fritz Emslander und Stefanie Kreuzer vom Museum Morsbroich freuen sich über den Neuzugang in der Sammlung. Im Hintergrun­d: der Teppich zum Kunstwerk.

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