Das Schicksal des Feodor Ivannoff
Petra Raetegui las in der Stadtbibliothek aus ihrem historischen Roman „Hofmaler“.
LEVERKUSEN Verlegen lächelnd sitzt Petra Reategui an ihrem Tisch, die Lesebrille vorne auf der Nase. Zur Lesung der Schrifstellerin waren nur eine Hand voll Menschen in die Stadtbibliothek gekommen. Und doch: So wurde die Lesung der 69-Jährigen nur schöner, intensiver und die Erzählung über einen jungen Leibeigenen vor dem inneren Auge kraftvoll.
„Ich schreibe eigentlich nur, um recherchieren zu können“, erzählt Reategui, lächelt und hebt ihr Buch an. „Es ist tatsächlich so: Ich liebe das Recherchieren.“Ihr Roman „Hofmaler“basiert auf historischen Ereignissen. So hatte sie Wochen, Monate, Jahre mit alten Dokumenten verbracht, in Stadtachiven gesessen, gelesen, wichtige Details notiert und sogar Reisen unternommen.
Es ging nach Athen, Rom und London – an all die Plätze, die ihre Hauptfigur Feodor Ivannoff im 18. und 19. Jahrhundert auch besucht hatte. „Es ist ganz anders, als man sich das vorstellt“, beschreibt die Autorin, „ich saß nicht in einem Keller. Das Stadtarchiv in Karlsruhe ist wundervoll. Dazu war ich in vielen Urlaubsländern – das ist doch schön.“
Bei Feodor Ivannoff handelt es sich eigentlich gar nicht um Feodor Ivannoff. Der Name wurde dem späteren Künstler als Kind verliehen. Eigentlich war Ivannoff ein kalmückischer Nomade. Ein Volk, das im heutigen Russland und der Mongolei lebt. Als Kind wurde er nach Sankt Petersburg entführt und als Leibeigener ausgenutzt. Sein Name und seine Sprache wurden ihm verboten.
Als Reategui eben jene Stelle vorliest, bildet sich schnell ein Bild. Es wird ruhig in der Bibliothekt. Die Geschichte sei völlig autentisch. Nur die Dialoge seien größtenteils ihrer Fantasie entsprungen. „Ich habe mir die Frage gestellt, was er wohl gedacht und gefühlt hat. Leider gibt es keine Tagebücher von ihm. Das ist ungewöhnlich, weil es damals üblich war“, erzählt die Schrifstellerin. Manchmal, sagt sie, habe sie sogar mit dem Bild ihrer Hauptfigur gesprochen.
Man baue immer eine Beziehung zur Figur auf, doch in diesem Fall sei die stärker ausgefallen als sonst. Das liege vielleicht daran, dass der Roman vier Jahre in Anspruch genommen hat.
Und wie ging es mit Feodor weiter? Er kam als Geschenk nach Deutschland und schließlich nach Karlsruhe, wo er von seinem Pflichten entbunden wurde. Er durfte zur Schule und hatte somit eine Menge Glück. „Die Frage ist, was ist Glück, wenn einem der Name, die Familie und Spreche genommen wird“, wirft Reategui ein. Beendet ist die Geschichte um Feodor damit jedoch noch lange nicht.